Do disturb

Ein kalter Krieg tobt in deutschen Hotels. Es ist der Krieg zwischen Gästen und Reinigungspersonal. Und die Reinigungskräfte sind dabei, ihn zu gewinnen. Inzwischen ist es in Hotels gleich welcher Preisklasse vollkommen üblich, dass die Putzleute das Zimmer nach Belieben betreten und verlassen, egal ob der Gast das möchte. Dabei ist es Sitte, nicht einmal zu klopfen. Wer nach zehn Uhr noch im Bett ist, erhält einen Weckruf wie »Oh sorry, Sir«, und wird mit gespielter Zerknirschung konfrontiert. Schutz gibt es keinen. Ein »Nicht stören«-Schild führt nur dazu, dass kurz geklopft wird, bevor sich das Gelichter Einlass verschafft.
In vielen Hotels gibt es diese Schilder gar nicht mehr. Nachdem er in einem durchaus nicht billigen Berliner Hotel keines hatte finden können, bastelte der verzweifelte Verfasser Ersatz aus einer Serviette. Punkt zehn Uhr wurde die Tür ohne Klopfen aufgestoßen. Nachdem der Verfasser gegen Abend zum Zimmer zurückgekehrt war, war die einzige Reinigungsleistung – die Entfernung des Serviettenschilds.
Nichts nutzt der Hinweis darauf, dass man in den Ferien oder chronobiologisch eher eine Eule ist. Nichts fruchtet die Bemerkung, dass durchaus nicht jeder Gast jeden gottverdammten Tag eine Grundreinigung seines Zimmers wünscht und die Ruhe seines Herzens einem überflüssigen Neubezug seines Bettes vorzieht. Es ist die Rache des Werktätigen am Müßigen: Kein Gast hat das Recht, die Drangsal der Stechuhr auch nur für einen Moment zu vergessen. Täglich muss er daran erinnert werden, dass es kein Recht auf Arbeitslosigkeit gibt, dass die freie Zeit nur der Wiederherstellung der Arbeitskraft dient, deren Autorität nicht einmal in der illusorischen Freiheit eines Urlaubs negiert werden darf. Adorno hätte geschossen. Und zwar mit Schalldämpfer!