Homestory

Eleganter als die italienische Vogue, sportlicher als Running, verspielter als Jazz Thing, mindestens so treffsicher wie Visier und heißer noch als Men’s Health: die neue Jungle World – der eye candy unter den Bleiwüsten! Der publizistische Porsche der linken Szene! Wer hätte das gedacht? Wer hätte gedacht, dass die high performer dieser Zeitung sich noch selbst übertreffen könnten? Hut ab vor uns selbst!
»Naja, es wurde auch echt Zeit«, wendet der Inlands-Redakteur ein – und die Kollegin aus dem Layout fügt ein ergänzendes »Puh...« hinzu. Ja, es hat lange gedauert. Nein, es war nicht immer schön. Eventualitäten mussten abgewogen werden, es wurde diskutiert,bis die Schläfen pochten, gemeinsam geschwiegen, Hände über dem Kopf zusammen- und Türen zugeschlagen, revolutionäre Ideen entpuppten sich am Morgen danach zuverlässig als schal oder wurden wieder vergessen, Arbeitsgruppen trafen sich oder auch nicht und immer wurde erwartet, dass alle Einwände, Befindlichkeiten und Wünsche sich gefälligst sichtbar im Layout niederschlagen. In weiser Voraussicht nahmen die entsprechenden Kolleginnen und Kollegen professionelle Hilfe in Anspruch. Für ihre Zeit, Mühe, Gestaltungskompetenz und ihre Nerven sei an dieser Stelle insbesondere den Giganten der Designerszene Pauline Recke, Heiko von Schrenk, Arno Bauer und 18metzger gedankt – in no particular order.
Ob wir mit der Neugestaltung der Jungle World zufrieden sind? Na klar! Einiges wird sich im Laufe der kommenden Wochen sicher noch zurechtruckeln müssen. Aber: Wird schon, mit Sicherheit. Bedenken wurden nur vom Lektorat geäußert, wo man noch weiß, einen struppigen Federkiel behende über ausgedruckte Zeitungsseiten gleiten zu lassen. »Die neue Fünfspaltigkeit im Mantelteil«, sagt der Kollege, »lässt kaum mehr Platz für umfangreiche Korrekturen.« Gerade die mittleren drei Spalten seien betroffen, ja, da komme man mit dem Schreibgerät beim besten Willen nicht mehr ordentlich dazwischen. Wenn der wüsste, dass die gewitzten Redakteure nichts anderes beabsichtigten!
Bemerkenswert an so einer Neugestaltung sind übrigens die mannigfaltigen Begleiterscheinungen. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass im Zuge des Relaunches einige Arbeitsplätze gleich mit gerelauncht wurden. Als habe man seinen Schreibtisch dem Anlass entsprechend herrichten wollen, wurden Mosaike aus bunten Tassen abgetragen, Berge von Stanniolpapier, Cellophanhüllen und Bäckereitüten entfernt; ein Redakteur ging mutmaßlich sogar zum Friseur wegen des Relaunches – der Druck zur Generalüberholung war ins Unermessliche gestiegen.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen mit dieser Ausgabe! Lassen Sie dem Auge einen Moment Zeit, sich zurechtzufinden. Und zögern Sie bitte nicht, uns anzusprechen, sollten Sie sich das neue Logo der Jungle World tätowieren lassen wollen.