Berlin Beatet Bestes. Folge 339

Der Schrei

Berlin Beatet Bestes. Folge 339. Emils: Demo (1987).

Es ist eine Fratze, und doch sehe ich mich da quasi im Spiegel, als ich die Scheibe im Plattenladen finde. Verschüttet, irgendwie dunkel erinnere ich mich an die Zeichnung, die ich als 20jähriger angefertigt habe. Vor allem den Schraffurstil erkenne ich wieder. Der Rapidograph von Rot- ring war in den Achtzigern ganz groß in Mode und beliebt auch unter meinen Mitschülern an der Fachoberschule für Graphik, die ich von 1985 bis 1987 besucht habe. Besonders bei Carsten, Stefan und mir. Wir machten immer Wettkämpfe, wer freihand mit dem feinsten Fineliner die schmalsten und saubersten Striche ziehen konnte. Comics zeichneten wir auch zusammen, in denen ging es nie um irgendetwas. Hauptsache schräg, Underground-Comics eben. So füllte ich winzige Skizzenbücher mit zu Tode schraffierten Zeichnungen. Irgendwann sah ein Kumpel von den Emils auf einem Punkkonzert eines meiner Skizzenbücher und brachte mich mit der Band in Kontakt. Das erste Demo hatte bereits eine Zeichnung, ein Punk-Männchen mit abgebrochener Flasche vor einem umgedrehten Kreuz, das nun durch meinen Kopf ersetzt wurde. Die Original-Zeichnung war wahrscheinlich so groß wie eine Kassettenhülle. Damals war alles Miniatur. 1988 und 1989 war ich dann sehr stolz, die Cover für die beiden ersten LPs der Emils auf We Bite Records zu zeichnen.
»Emils? Sind das nicht die Leute von Slime?« Das war die häufigste Frage, die ich gestellt bekam, wenn es um die Emils ging. Geschah mir auch recht. Für das bekloppte Anagramm konnte ich zwar überhaupt nichts, aber mitgehangen, mitgefangen. Nein, die Emils haben mit Slime nichts zu tun, außer dem Umstand, dass die Bandmitglieder beider Bands echte Hamburger sind. Im Gegensatz zu Bands wie Blumfeld und großen Teilen der »Hamburger Schule«. Das waren meist Zugezogene. Authentischen Punk und Metal hingegen fabrizierten meist ebenso authentische Eingeborene. Die Emils waren übrigens die ersten, die in Hamburg Punk und Metal miteinander verschmolzen. Textlich blieben sie im Deutschpunk-Lager, musikalisch wurde es schneller und versierter.
Vor einiger Zeit hat das Label ­Power It Up das erste Emils-Tape als EP wiederveröffentlicht. Dass mein Name nicht drauf steht, macht gar nix. Wer das Cover gemacht hat, wusste sicher niemand mehr und ich hatte es auch schon fast ver­gessen. Danke also.