Putzplan und Selbstausbeutung sind Merkmale linker Projekte, so ist es auch in der Jungle World. Selbstausbeutung ist alternativlos und wird nicht in Frage gestellt, über den Putzplan wird ständig verhandelt. Weil die Jungle World ja nicht nur ein linkes, sondern ein linksradikales Projekt ist, heißt der Putzplan auch nicht einfach Putzplan, sondern »Reproduktion«. Wer also hält den sogenannten Reproduktionsplan alias Putzplan ein, wer nicht, wer übernimmt welche Aufgaben, wer macht gar nichts und so weiter. Ein klebriger Boden, Schimmelkram im Kühlschrank und dreckiges Geschirr gemahnen hartnäckig daran, die Putzdienste auch auszuführen. Irgendwann verliert immer jemand angesichts versiffter Räumlichkeiten die Nerven und greift zum Staubsauger, bringt den Müll raus und räumt den Geschirrspüler ein. So weit, so links. Jetzt scheint das Modell aber an seine Grenzen zu stoßen und der Ruf nach einer »Putzfrau« wird lauter. Jedenfalls gab es eine derart hitzige Diskussion über das Reproduktionsthema, dass selbst die einfachsten Regeln geschlechtergerechter Sprache übergangen wurden und tatsächlich über eine »Putzfrau« diskutiert wurde, wobei sich aber auch eine männliche Putzhilfe angesprochen fühlen darf. Wenn … ja … , wenn sich die Jungle World überhaupt den kleinen Luxus einer Putzhilfe leisten kann. Sieht man sich das Lohn- bzw. Honorarniveau an, lautet die Antwort wohl eher nein. Ideologisch begründete Zweifel an der Beschäftigung eines dienstbaren Geistes gibt es auch vereinzelt; außerdem birgt die Einpassung einer Putzhilfe in das bestehende Honorargefüge ungeahnte Probleme. Will man die Putzhilfe zu branchenüblichen Konditionen entlohnen, verdient sie oder er im Schnitt mehr als ein Redakteur oder eine Redakteurin. Eine Reminiszenz an den alten Arbeiter- und Bauernstaat mit seiner Wertschätzung der Handarbeit! Aber, klar, die Putzhilfe soll ja nur ein paar Stunden kommen, da greift irgendeine Ausnahmeregel. Reichen denn ein paar Stunden in der Woche überhaupt? Braucht die Jungle World nicht eher eine Haushaltshilfe um täglich Geschirr zu spülen, Aschenbecher auszuleeren, zu lüften, Müll runter bringen und so weiter? Der Robo-Butler wäre doch perfekt, oder? Fragen über Fragen. Der neue Reproduktionsplan soll es jetzt richten. Klappt das interne Putzsystem nicht, wird ein Profi angeheuert. Wenn Jungle World dann auch noch Profihonorare an die hier arbeitenden Journalisten zahlt, wird alles gut.
