Berlin Beatet Bestes. Folge 342.

Faule haben immer Ferien

Berlin Beatet Bestes. Folge 342. Der Plan vs. Der Plan: Deutschland, Bleiche Mutter/Hohe Kante; Sedlmeir vs. Eisenpimmel: Arschlochtricks/Mir doch egal (2016)

Besprechungen von Musikbemusterungen sind zwar Usus, gehören aber zum Schmutzigsten, was es für einen Musikfan gibt. Wenn du die Platte nicht selbst gekauft hast, schreibt die Lustlosigkeit mit. Oft auch das Unverständnis, denn Rock ’n’ Roll kannst du nur verstehen, wenn du ein Rock ’n’ Roll-Fan bist. Das war schon immer so. Ausnahmen von meiner strikten Bemusterungsverweigerung mache ich bei Labels, die in ihrer Veröffentlichungspolitik ebenso streng sind. Das Berliner Label Troglodyt macht nur Singles, weil die 7-inch keinen Platz für Langeweile lässt. In ihrer Jukebox-Serie »Faule haben immer Ferien« veröffentlichen sie nur Songs, die vorher nie als Single erschienen sind, sie verkaufen auch keine MP3 und finden Streaming scheiße.
Endlich gibt es wieder eine Single der Elektropioniere Der Plan. Die zwei Hits aus ihrem Album »Die Verschwörung« von 2004 klingen wie aus einer Zeitkapsel aus den frühen Achtzigern, sind textlich aber aktuell: »Deutschland, Deutschland, Bleiche Mutter/Du stehst so kalt im Neonlicht/Deutschland, Deutschland, toter Vater/Du bist nicht da, man sieht dich nicht/Unsre Blumen sind Eiskristalle/Unsre Liebe ist aus Beton/Sie zeigen die Gefühle nicht/Das graue Band der Sympathie.« Und wie den mahnenden Hinweis eines älteren Bruders singen Der Plan: »Wir haben kein Geld für die Rente gespart/Wir haben auch gar nichts aufbewahrt/Wir haben nichts auf die hohe Kante gelegt/Drum werden wir morgen weggefegt.«
Lustiger ist die Split-Single von Sedlmeir und Eisenpimmel. An einen Auftritt des Elektro-Elvis Sedlmeir 2007 kann ich mich nur dunkel erinnern, an seinen Hit »Arschlochtricks« hingegen sehr gut. Darin geht es um Läden, um die man einen Bogen macht, weil die Inhaber Arschlöcher sind. Auch die Dortmunder Asi-Punker Eisenpimmel sind mir aus meiner APPD-Zeit in den Neunzigern bekannt. Live gesehen hab ich sie nie, Platten gekauft auch nicht. »Mir doch egal« erschien 1997 auf ihrer ersten LP. Was mir damals viel zu assig war, finde ich heute herrlich unkorrekt: »Wenn Vegetarier Leder tragen – mir doch egal/Ob Rinder vom Fleisch wahnsinnig werden – mir doch egal/Und ob im Wald die Bäume sterben – mir doch egal!« Was ich eigentlich sagen will: Ich finde die Platten richtig gut. Beim Anhören habe ich laut gelacht. Danke, Troglodyt!
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.