Berlin Beatet Bestes. Folge 343.

Ich suche Plattenmüll

Berlin Beatet Bestes. Folge 343. Kein Gebot = Platte tot!

Am Wochenende war ich auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Comic-Salon in Erlangen. Natürlich dreht sich auf der Messe alles um Comics und deren Verkauf, aber sie ist auch ein großes Klassentreffen der Szene. Abseits der Messe besuchte ich wie immer den örtlichen Second-Hand-Plattenladen. Schon im Schaufenster der erste Schock, allerlei aus Vinyl Gefertigtes: Schalen, Taschen, Plattencover-Puzzles. Ich hasse das! Meh­rere kreisrunde Ohrringpaare waren aus Opera-, Neckermann- und Baccarola-Labels geschnitten, Billig-Labels, deren Veröffentlichungen ich liebe und sammele.
Der Erlanger Laden hat ein modernes Mehrfachverwertungssystem. Zwischen insgesamt drei Läden in der Region werden Kisten regelmäßig ausgetauscht, damit die Kunden nicht immer dasselbe Material vorfinden, dazu kommt ein gut funktionierender Online-Shop und am Schluss wird der Vinylmüll, der gar nicht geht, zu Ohrringen verarbeitet. Platten, für die ich mich interessiere, kommen in so einem Laden scheinbar gar nicht mehr in den Verkauf.
»Ich suche eine Kiste mit Ausschussware. Absolut Unverkäufliches. Plattenmüll«, sage ich dennoch zum Verkäufer. Irritiert guckte er mich an: »Was willst du denn damit?« »Versteigern oder zerbrechen! Auf dem Comic-Salon. Startgebot zehn Cent. Kein Gebot = Platte tot.« »Und was willst du bezahlen?« »Höchstens zehn Euro.« »Tja, muss mal sehen … Komm doch morgen wieder. Mal schauen, was ich finde.«
Und so kam ich am nächsten Tag zu einer Kiste mit 120 Singles, darunter einige sehr schöne Jazz-Singles und Veröffentlichungen von Billig-Labels. Den Rest habe ich zusammen mit Calli und Evelyn, Comic-Zeichnerinnen und DJs aus Frankfurt, auf der großen Bühne auf dem Vorplatz des Salons ver­steigert. Auf fast alles wurde geboten, auch auf die größten Hit- und Schlagerplatten der Siebziger und Achtziger. Die zehn Euro hatten wir im Handumdrehen wieder drin, dabei wollten wir doch eigentlich Platten zerbrechen. Endlich blieben bei »Du, die Wanne ist voll« von Helga Feddersen und Didi Hallervorden die Hände unten: »Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, Destruktion!« Da trat plötzlich ein kleines Mädchen mit seiner Mutter vor die Bühne und hob die Hand. »Sie liebt dieses Lied«, sagte die Mutter. Tja, wer kann schon ein Kind enttäuschen. Für zehn Cent verkauft!
Mein Name ist Andreas Michalke. Ich zeichne den Comic »Bigbeatland« und sammle Platten aus allen Perioden der Pop- und Rockmusik. Auf meinem Blog Berlin Beatet Bestes (http://mischalke04.wordpress.com) stelle ich Platten vor, die ich billig auf Flohmärkten gekauft habe.