Paartanz auf Schwedisch

Folge 345. Cats & Dinosaurs: Swing på barrikaderna (2016).

Ich bin immer noch ganz verzaubert. Gestern habe ich die Band entdeckt, von der ich immer geträumt habe. Das fünfköpfige feministische und sozialistische Kollektiv Cats & Dinosaurs aus Göteborg spielt Swing und Jazz für Lindy-Hopper, schreibt eigene Songs mit politischen Texten und singt auf Schwedisch. Das klingt jetzt so, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Ist es aber überhaupt nicht. Niemand hat bisher Politik und traditionellen Jazz so vereinen können wie Cats & Dinosaurs. Persönlichkeiten, die diese gegensätzlichen Komponenten verbinden, hat die Swing-Tanz-Szene bisher nicht hervorgebracht.
Ihre Songs sind schön und eingängig, kein Rock, kein Punk, kein Pop, nichts verzweifelt Modernes ist zu hören und dennoch klingen ihre Songs mitreißender als alle aktuellen Trad-Jazz-Bands, die ich kenne. Der Grund: Es ist eine Binsenweisheit in der Punk- und Underground-Szene, dass mit Bedeutung aufgeladene Songs in der eigenen Muttersprache einfach immer leidenschaftlicher vorgetragen werden und deshalb auch unmittelbarer wirken. Aber auch ohne Schwedisch zu verstehen, sind Songs wie »Varning till dom rika« (Warnung an die Reichen) und das ironische »Konsumera mer!« (Konsumiert mehr), in dem mit einem Kinderpiano-Solo das Klingeln der Kasse imitiert wird, unmissverständlich. Weiter hilft die Google-Übersetzung. So lautet die feministische Botschaft in »Manligheten ett socialt problem« (Maskulinität ist ein soziales Problem): »Gewaltspiele spielendes, hegemoniales System/Auf der ganzen Welt das gleiche Theorem/Das gleiche alte, eitrige Ekzem.«
Es muss ein großer Spaß sein, in die Gesichter der schwedischen Tanzsportler zu sehen, die plözlich, mitten in ihrem traditionellen Paartanz, vermeintlich abgeschirmt von jeglicher sozialer Realität, zumindest textlich mit dieser zusammenprallen. Bislang sind Cats & Dinosaurs ausschließlich in Schweden aufgetreten, aber ich hoffe sehr, dass sie in absehbarer Zeit auch in Deutschland zu sehen sein werden. Wir brauchen diese Band. Zum Tanzen und zum Reflektieren. Die Sitzmucke, die sich heutzutage Jazz schimpft, ist vielleicht tot. Diese progressive und zugleich traditionelle Musik aber ist quicklebendig.