So zurückgenommen die Musik Valerio Tricolis auch sein mag, kaum jemand dürfte je auf die irrige Idee gekommen sein, sie mit Easy Listening in Verbindung zu bringen. So unaufdringlich die Musik sein mag, sie stört. Schon die Leerstellen, mit denen der italienische Klangkünstler arbeitet, diese Stille zwischen Gebrabbel, Gegurgel und diesem Geknackse, das nie nach Lagerfeuerromantik, sondern immer nach Treppe in verlassenem Haus oder »Blair Witch Project« klingt, kann einem zusetzen. Dass Tricoli in der Vergangenheit mit gesampelten Textstellen aus der Bibel, von H. P. Lovecraft und Dante gearbeitet hat, machte seine Musik noch gruseliger. Zwar dermaßen verfremdet, dass man letztlich kaum mehr etwas verstehen konnte, aber die Dämonen reden schließlich auch in Zungen. Es ist wie in »Der Exorzist«: Vielleicht muss man das Band nur rückwärts abspielen und eine verborgene Bedeutung erschließt sich.
Eine Vermutung, die so abwegig nicht ist, denn Tricoli arbeitet mit Magnetband. In der Tradition der Musique concréte, Pierre Schaeffers und der französischen GRM (Jungle World 32/2013) manipuliert er Klänge mit Hilfe diverser Bandmaschinen und Diktiergeräte – und kreiert so, im Unterschied zu vielen anderen ähnlich verfahrenden Künstlern, keine mit Rauschen überzogenen, verwaschenen Sounds. Tricoli klingt präzise, schneidig, hier und da metallisch und betont die Bruchstellen seines Materials. Auf »Miseri Lares«, seinem vor zwei Jahren veröffentlichten und gefeierten Album, wechselten die Hallräume abrupt, Klänge brachen unvermittelt ab und ohnehin brüchige Stimmfetzen ließ Tricoli plötzlich verstummen. Ähnlich verfährt er auf »Clonic Earth«, seinem jüngsten, vom Label Pan veröffentlichten Album. Nur ist der Lärm zwischen den Spulen seiner Maschinen lauter geworden. Welchen Ereignissen auch immer der Hörer akustisch beiwohnen darf, sie sind finster und auf ungnädige Weise deformiert.
Valerio Tricoli: Clonic Earth (Pan)