Das Kulturorakel

Mutmaßungen über 2017

Mit 35 fängt man an, sich für Neuverfilmungen und Fortsetzungen von Klassikern zu interessieren. Wie soll der neue »Blade Runner« werden? Weil Denis Villeneuve (»Arrival«, »Sicario«, »Prisoners«) Regie führt, kann es nicht in die Hose gehen. Hoffentlich. Über die Fortsetzung von »Trainspotting« und das Remake von Stephen Kings »Es« wird noch nichts verraten. Nur so viel: Der Schrecken nimmt auch an anderer Stelle kein Ende. Fortgesetzt wird auch »50 Shades of Grey«. Es ist wie mit der AfD: Anfangs haben wir noch gelästert, doch dann ist irgendwie alles aus dem Ruder gelaufen. Nach drei Büchern, einem langweiligen Film und einer Peitschenkollektion kommt 2017 zum Valentinstag ein zweiter Film in die Kinos. Besser dürfte es nicht werden. Ω Daran ändern auch Retrotrends nichts. Zumindest nicht dieser: 2017 soll endlich wieder das Jahr der Schulterpolster werden. Modebewusste tragen unter dem Schulterpolster dann das Schulterholster. Denn die Zahl der Anträge auf Waffenscheine für Kleinwaffen nimmt rasant zu. Dann kann auch der Kalte Krieg wiederkommen und das ganze Achtzigerelend ist perfekt. Ω Gut gepolstert ist man auch bei »Game of Thrones«. Valar morghulis hin oder her, George R. R. Martin wird das Jahr überleben und den »Song of Ice and Fire« beenden. Nein, John Snow und Daenerys Targaryen werden keine Traumhochzeit feiern, während im Schlossgarten die Drachen Würstchen grillen. Daenerys wird sterben. Arya Stark wird sterben. John Snow ist ja eigentlich schon tot. Ramsay Bolton zum Glück auch, und bereits Verdaute können nicht auferstehen. Tyrion Lannister? Alles wird noch nicht verraten. Übrigens ist gar nicht so wichtig, wer das »Game of Thrones« gewinnt. Oder ob es überhaupt einen Gewinner gibt. Ist ohnehin viel zu unbequem, das Ding. Ω Ganz sicher keine Gewinner gibt es in der Lindenstraße. Eine Serie, die, wie alle wissen, eng mit dem Schicksal Deutschlands verbunden ist. Quälend sind sie, die Fragen, die sich stellen: Wird Hans Beimer wirklich zum Großdealer und investiert sein Geld in eine Autowaschanlage? Darf Emma Sunny nicht mehr sehen und wird zum Großvater nach Griechenland abgeschoben? Bricht die Beimer-Zencker-WG beinahe auseinander, weil sich Andi in Helga verliebt? Ω Und was hat das mit dem RB Leipzig zu tun? Mit ihm könnte im Mai das erste Mal seit 1998 ein Team deutscher Fußballmeister werden, das gerade erst in die erste Liga aufgestiegen war. RB Leipzig wurde als Marketingmaßnahme von Red Bull aufgezogen und gleicht damit anderen unter dem Label »Fußballverein« firmierenden Unternehmen, die von großen Firmen gesponsert werden. Das hindert die »wahren Fans« nicht, ihren Ressentiments gegen die Leipziger »Ratten« im Jargon der Fußballeigentlichkeit freien Lauf zu lassen. Den Leipzigern ist schon aus Gründen der Ideologiekritik alles Gute zu wünschen. Ω Was die Stones können, sollte für Led Zeppelin keine Hürde darstellen. Und das nicht nur, weil Robert Plant mit ergrauter Löwenmähne besser rüberkommt als Mick Jagger, der auch als Rentner noch den Ballettschüler gibt. Es sollten sich doch auch seit 1982, als das letzte offizielle Zep-Album erschien, ein paar Songs angehäuft haben, um 2017 ein neues Werk rausbringen zu können. Bluesrock ist wieder angesagt, und eine Tour gibt’s dann auch, bei der man dann prüfen könnte, ob einem bei Plants sozialkritischen Texten (»Ooo, Baby, ahahah«) immer noch die Ohren klingeln. Ω Apropos Kritik: Donald Trump lässt jetzt schon die millionenschwere amerikanische Comedy-Industrie zu Höchstform auflaufen. Niemals wären Stephen Colbert, Trevor Noah, John Oliver oder Alec Baldwin bei einem Wahlsieg seiner Konkurrentin auch nur ein Hundertstel so komisch. 2017 wird ein gutes Jahr für alle, die hier ihre kollektive Katharsis suchen.