Homestory #41

Arbeiten, wenn andere Urlaub machen. So sieht es leider aus diese Woche. Dass die Redaktion Ihrer Lieblingszeitung den 3. Oktober nicht als Feiertag begangen hat, hat nicht ausnahmslos ideologische Gründe. Nicht allein unsere stramm antideutsche Einstellung hindert uns daran, am Tag der deutschen Einheit mitzumachen beim nationalistischen Oktoberfest, sondern auch der Umstand, dass wir produktionsbedingt arbeiten müssen. Würden wir Deutschland endlich ganz den Rücken kehren, müssten wir nicht nur keine deutschen Feiertage mehr ertragen. In manchen Ländern sieht es auch besser aus mit den Urlaubstagen. In Brasilien, Finnland und Frankreich stehen Arbeitnehmerinnen und -nehmern per Gesetz 30 Urlaubstage zu, hinzu kommen zehn bis elf gesetzliche Feiertage. In Deutschland sind es hingegen nur 20 Urlaubstage und je nach Bundesland neun bis 13 Feiertage. Auch in Russland, Großbritan­nien, Polen, Österreich, Schweden und Spanien kommt man mit Urlaubs- und Feiertagen zusammen insgesamt auf mehr Freizeit als in Deutschland. Sollte sich Katalonien abspalten, dürfte man dort wohl auch mit mindestens zehn zusätzlichen katalanischen Heimattagen oder ähnlichen Folklorefreuden rechnen. Ein antideutsches Traumziel, das nach dem letzten Präsidentschaftswechsel freilich schon etwas an Attraktivität eingebüßt hat, klingt urlaubstagemäßig hingegen wenig überzeugend: In den USA ist der Urlaubsanspruch überhaupt nicht gesetzlich geregelt. Auch in Israel sind nur zwölf bezahlte Urlaubstage vorgesehen, hinzu kommen allerdings zahlreiche Feiertage.

Falls es das gute Wetter, die freundlichen Menschen oder familiäre Verpflichtungen sind, die eine oder einen davon abhalten, endlich die Bundesrepublik zu verlassen, gibt es aber doch noch Hoffnung: Da neben den christlichen Unionsparteien auch die deutsche AfD nun so schön erfolgreich im Bundestag vertreten ist, wären doch noch ein paar weitere christliche oder deutsche Feiertage drin. Da darf nur die FDP in ihrem Leistungswahn nicht dazwischenfunken, liberal heißt ja leider nicht frei.

Das Problem an dem Ganzen ist natürlich, dass man dann auch einen richtigen, gesetzlich geregelten Arbeitsplatz braucht, um Urlaubs- und Feiertage in Anspruch zu nehmen (siehe oben). Die werden aber immer rarer. Dann lieber gar nicht arbeiten. In der Freizeit kann man dann Kastanien für die Suppe sammeln und sich aus bunten Herbstblättern einen Unterschlupf bauen. Und dort Urlaub machen, wo sich andere keinen leisten können.