Homestory

Homestory #42

»Jetzt reichts, ich habe genug gelitten«, verkündete der Geschäftsführer der Jungle World in der vergangenen Woche. Sein Wunsch nach einer Revolution war jedoch weder den Wahlen in Österreich, dem Eklat auf der Frankfurter Buchmesse noch dem fehlenden Toilettenpapier auf der Unisextoilette geschuldet. Sein ganzer Frust, seine Wut und Enttäuschung hatten einen weitaus wichtigeren Grund: Kaffee.
Wie in jeder anständigen Zeitungsredaktion ist der kleine braune Wachmacher auch bei uns Lebenselixier und vergesellschaftetes Genussmittel zugleich. Kaffee ist, wenn die Zubereitung stimmt, die pure Lust. Das Leiden für die mexikanischen, nicaraguanischen, guatemaltekischen und salvadorianischen Kaffeebauern ist im Übrigen auch schon viel kleiner geworden. Seit säuerlicher Fairtrade-Kaffee die Magenwände ganzer Generationen linker Solidaritäts­trinker verätzte, hat sich einiges getan. Aber selbst dieser Fortschritt ist der revolutionsfreudigen Geschäftsführung nur ein Reförmchen im Rahmen des Bestehenden.
In den vergangenen Jahren konnten Sie, liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle immer wieder unseren Bemühungen der kontinuierlichen Produktverbesserung in Sachen Kaffee folgen. Von der Gastrokanne über den Vollautomat bis zur geschraubten Espressomaschine haben wir alles getestet, was uns in die Finger kam. Vor- und Nachteile haben wir sorgfältig gegeneinander abgewogen und sind dann wieder zur guten alten Kaffeemaschine zurückgekehrt. Zwar gibt es noch immer unterschiedliche Vorstellungen von der Füllmenge des Pulvers und der Stärke des Gebräus, aber auch das muss unsere kleine Demokratie aushalten. Dachten wir.
Klammheimlich hatte die Geschäftsführung nämlich ein neues Utensil zur Zubereitung des Kaffees erstanden und im stillen Kämmerlein erprobt. Die Proleten im Layout rümpften anfangs noch die Nase über die nagelneue Brühkanne. »Die sind wohl was Besseres«, kommentierte ein Kollege mißtrauisch. Doch tatsächlich: Der Geschmack und das sich langsam entfaltende Aroma gaben den Influencern aus der Geschäftsführung schließlich recht.
Kaffeemaschinen sind die Lokomotiven der Geschichte.