In ihrem gemeinsamen Album The Carters inszenieren sich Beyoncé und Jay-Z im Louvre als Künstlerpaar

Szenen einer Ehe

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Das pompöse Video zu »Apeshit« verdichtet das Thema Wohlstand mit allen dazugehörigen Motiven auf unterhaltsame sechs Minuten. Regisseur Ricky Saiz inszeniert die Carters als Königspaar im Louvre und benutzt eine mit Referenzen so vollgepackte Bildsprache, dass der selbst­beweihräuchernde Text kaum mehr auffällt. Hand in Hand stehen die Eheleute vor der Mona Lisa; »sie« in rosa, »er« in grün; dann, in einer anderen Szene, beide ganz in Weiß vor der kopflosen Statue der Siegesgöttin Nike im Landeanflug.

Der emanzipatorische Gestus der Übernahme des Louvre, einem Symbol westeuropäischer, bildungsbürgerlicher Hochkultur, ist exzellent in Szene gesetzt und schön anzusehen. Der Einzug von HipHop und black culture in die Räumen des Museums  führt vor Augen, wie lange der Kanon den Ausschluss schwarzer Kultur betrieben hat. Jay-Z rappt seine Parts vor Théodore Géricaults Monumentalgemälde »Das Floß der Medusa«, und obwohl sein Text keine Aussagen dazu enthält, ist die Anspielung auf die rassistische Kolonialgeschichte kraftvoll und unübersehbar.

Ähnlich verhält es sich mit dem Gemälde, das als Hintergrund für Beyoncés Passagen ausgewählt wurde. Jacques-Louis Davids »Le Sacre de Napoléon« stellt die Krönung Napoleons I. zum Kaiser dar. Die untertänige Geste von Napoleons Ehefrau Joséphine de Beauharnais, die im Vordergrund des Bildes die Krone aus der Hand ihres Mannes erhält, bildet den denkbar größten Kontrast zum Auftritt Beyoncés und ihrer Tänzerinnen.

Die einander an den Händen haltenden schwarzen Frauen um »Queen B« verkörpern Stärke, Feminismus, Geschlossenheit und selbstbewusste Sinnlichkeit. Das spätestens mit dem Album »Lemonade« etablierte Image Beyoncés als pop­feministische Vorkämpferin wird emblematisch eingesetzt, findet aber keine Entsprechung im Text. Leider wirkt die dichte Abfolge symbolträchtiger Bilder und Gesten bemüht und kalkuliert.

Die aus Protest gegen Rassismus knieenden NFL-Spieler sind kurz zu sehen; Beyoncé zieht den Perlenhoodie enger, und die Sabinerinnen werden geraubt – alles ist Chiffre, alles ist nichts außer Staffage im Reigen der materiellen Reichtümer, den die Eheleute uns permanent vortanzen.

Die Selbstinszenierung der Carters vor berühmten Kunstwerken hat vor allem den Effekt, sich als ebenso intellektuell wie kaufkräftig und geschmackssicher darzustellen. Wie der obligatorische Lamborghini und der sprudelnde Cashflow, der auch zukünftige Generationen versorgen wird (eine von Beyoncés besten Lines des Albums lautet »My great-great-grandchildren already rich / That’s a lot of brown children on your Forbes list«), muss auch die bildende Kunst als Statussymbol herhalten.

Das Motiv des reich bebilderten Hauses wurde von beiden schon häufiger verwendet. »Basquiats, Warhols serving as my muses / My house like a museum so I see ’em when I’m ­peeing«, heißt es zum Beispiel auf Jay-Zs und Kanye Wests gemeinsamem Album »Watch the Throne«. Beyoncé verbindet in »Drunk in Love« den Besitz teurer Werke mit sexueller Selbstermächtigung: »Foreplay in a foyer, fucked up my Warhol.« Das ist oft clever und immer unterhaltsam gemacht, trägt aber auf »Everything Is Love« wenig zum Empowerment bei, auf das sich die beiden immer wieder berufen. Kunst bleibt geschmackvolle Dekoration und getrennt von den Körpern der Performer und Tänzer, die Szenen der ­Bilder nachstellen, aber – es sind ja schließlich sehr wertvolle Kunst­werke! – auf Abstand bleiben.

So kreisen die Eheleute Carter zum Abschluss ihrer Trilogie vor allem um sich selbst. Gelegentlich kann die paartherapeutische Nabelschau nerven, dennoch ist das Album musikalisch gelungen – übrigens nicht zuletzt, weil Beyoncé darauf überraschend viel rappt und so noch wei­teres Abschweifen der kitschigeren Textpassagen in gefährliche R&B-Gewässer verhindert. »We came, and we saw, and we conquered it all«, singt sie am Ende des Albums, »now we’re happy in love.« Das wäre dann also geklärt.