Platte Buch - Sasami Ashworths erstes Soloalbum »Sasami«

Hexe ohne Pathos

Sasami Ashworth aus Los Angeles hat sich bis jetzt einen Namen als Pro­duzentin gemacht – unter anderem für Soko, die neben Devendra Banhart auch als Gast auf ihrem ersten Soloalbum »Sasami« auftaucht. ­Sasami ist Multiinstrumentalistin, spielt Waldhorn, Keyboard und so ziemlich alle Saiteninstrumente (zuletzt zum Beispiel für Cherry Glazerr). Schon als Teenager brachte sie sich Aufnahmetechniken und allerlei Nerdtum selbst bei. Heute, mehr als eine Dekade später, nennt sie sich selbst »Synth Queen«.

»Sasami« ist, nach zehn Jahren im Musikgeschäft, ein spätes Debütalbum, dem man die Professionalität rundherum anmerkt. Jeder Song ist eine Spielwiese für Ash­worth, auf allen Ebenen. Hier öffnet jemand das eigene Innerste, spricht über Erniedrigung, Wünsche und Wunden. Das fragile Lied »Callous« enthält eine der schönsten Metaphern zu Zwischenmenschlichem seit langem. »Not the Time« klingt, als wären Yo La Tengo in einen Jungbrunnen gefallen – im dazugehörigen Musik­video lässt Ashworth mit Kindern eine Schulaufführung aus dem Ruder laufen. Überhaupt ­offenbaren die begleitenden Videos, wie humorvoll Ashworth mit der ­alten Tante Indierock umgeht. Das hibbelig-verspielte »Jealousy« könnte in seiner Verschrobenheit auch auf einem Album der Dirty Projectors auftauchen, das Alter Ego im Clip, eine Hexe, entspricht Ashworths lebhafter Bühnenpräsenz.

Ashworths charismatische Stimme gäbe ihr die Möglichkeit, ähnlich wie Angel Olsen elegisch ins Divenhafte zu driften. Sasami hingegen entscheidet sich stattdessen meist für ein teuflisch verzerrtes Riff, für ein Kratzen à la PJ Harvey. In seiner wilden, komplexen Verspieltheit lässt »Sasami« keinen Platz für den Olsen’schen Pathos, ja wirkt beinahe wie deren Nemesis. Die Abwesenheit von Pathos ist das Kennzeichen der Platte. Dies und das hohe technische Niveau, auf dem Sasami arbeitet, ermöglichen ein Ausnahmealbum, ein Sammelsurium an Ideen, deren Mastermind nichts und niemand im Weg steht.

 

Sasami: Sasami (Domino)