Wir geben nichts
Ein Schlag, der knüppelhart in die Magengrube der deutschen Demokratie ging: Daimler will aufhören, an Parteien zu spenden. Wegen der vielen (auch menschlichen!) Enttäuschungen, die die Autobranche in den letzten Jahren erleben musste – teilweise wurde nicht verhindert, dass Manager im Ausland verhaftet wurden, zudem gab es gelegentlich kritische Bemerkungen über die Dieselaffäre, auch aus dem Regierungslager – ziehen sich deutsche Traditionsunternehmen nun nach und nach aus der Parteienfinanzierung zurück.
Damit stehen mit FDP, CDU, CSU gleich drei Parteien vor dem endgültigen finanziellen wie inhaltlichen Aus – denn wenn die Industrie kein Interesse mehr daran hat, ihre Interessen von den Interessensvertretern vertreten zu lassen, welche Interessen haben diese Parteien dann überhaupt noch?
Unser Rechercheteam erlebte Parteien am Abgrund, im Aufstand und im Ausstand. Wir waren dabei, als verzweifelte Abgeordnete der Unionsparteien vor Autohäusern kampierten, mit Tränen in den Augen den herausfahrenden Neuwagen Blumen auf den Weg streuten – alles in Hoffnung auf ein bisschen Anerkennung. Wir haben mitgeschrieben, als FDP-Funktionäre nachts betrunken bei Daimler-Managern anriefen, versprachen, ihre geheimsten Phantasien zu erfüllen – und dann wegen Ruhestörung eingebuchtet wurden. Wir waren Zeuge einer Gesetzesnovelle, die vorsah, alle Mitarbeiter Daimlers auf Lebenszeit steuerfrei zu stellen – nur die Verweigerungshaltung des Bundesrats konnte sie verhindern.
Außerdem befragten wir den Betriebspsychologen Dr. Nikolaus Blome: Wie können wir das Interesse der Untenehmen an der Demokratie wieder wecken? Sollen wir uns mal ein neues Kleid anziehen oder an ungewöhnlichen Orten Hintergrundgespräche führen? Kann so vielleicht die Liebe gerettet werden? Und zuletzt sprachen wir mit Vertretern von Daimler selbst: Was kann jeder einzelne von uns tun? Sollen wir gerade jetzt in Zeiten des Wahlkampfs verstärkt Mercedes fahren? Notfalls per Taxi oder Carsharing? Das Dschungel-Investigativteam hat auch dieses Opfer gebracht.