Platte - Tellavision: Add Land

Violette Brille

Die Hälfte ihrer wachen Zeit verbringt Fee Kürten damit, abstrakte Bilder zu malen, denen eine fröhliche Angriffslust zu eigen ist. In der anderen Hälfte stellt sie Synthesizer um sich herum auf und spielt auf ihnen. Die Musik, die daraus resultiert, ver­öffentlicht sie unter ihrem Bandnamen Tellavision.

Auf ihrem neuen Album »Add Land« berichtet sie als Sängerin auf Englisch davon, dass das »System« weder das Selbstbewusstsein noch das Vertrauen in andere stärke. Dass es überhaupt an Mut fehle, auf andere zuzugehen oder sie auf sich zukommen zu lassen, drückt sich Kürten zufolge sogar schon in Kleidungsstücken aus. In Hüten etwa, die ihr zu­folge sowohl dafür da sind, den eigenen Kopf unsichtbar zu machen, als auch den Blick auf andere zu versperren.

Das System ist stark genug, um Menschen, die zunächst noch »Zucker weinten«, bald darauf »salzig« verkrusten zu lassen, wie es im Lied »Salty Man« heißt. Sie pökeln sich elbst in Unzugänglichkeiten, als ginge es im ­Leben bloß darum, das eigene Haltbarkeitsdatum hinauszuschieben. Um darüber nicht den ­Verstand zu verlieren, hilft Musik, die durch Zuhören entsteht. Etwa, wenn Kürten ihrer inneren Stimme lauscht und daraufhin eine neue Sicht der Dinge entwickelt, welche sie den »violetten Blick« nennt. Mit diesem Blick gesehen sind Vertrauen und Liebe schlicht und einfach »revolutionär«.

Kürtens Herangehensweise bringt immer wieder Kurioses mit sich, ­beispielsweise, wenn sie sich im Song »Siri« nicht mit einem Menschen, sondern mit einer Spracherkennungssoftware unterhält. Mit ihren Bemühungen, die unwirsche Siri zu besänftigen, weil Kürten ihr Smartphone zuvor aus Zorn an eine Wand geschmissen hatte, endet »Add Land«. Ein Album, dass klassische Themen wie Liebe behandelt und dabei so klingt, als wäre es nicht auf diesem Planeten produziert worden. Das liegt vor allem an der Sängerin, die so grandios sehnsuchtsvoll intoniert wie eine Bessie Smith vom Saturn.

Tellavision: Add Land (Bureau B)