Nicht nur die USA, sondern auch die EU-Staaten haben im Syrien-Krieg katastrophal versagt

Rette sich, wer kann

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Für die Bundesregierung wäre ein solcher Einsatz wohl aber ohnehin nicht in Frage gekommen, hätte dies doch das Ende des EU-Türkei-Deals bedeutet, den sie immer noch verzweifelt zu retten versucht. Wie Bild berichtete, soll die Bundesregierung bei Konsultationen der EU-Staaten zur türkischen Offensive erst jüngst ein konzertiertes Waffenembargo der EU gegen die Türkei verhindert haben. Die CDU- Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer brachte am Montag dann doch noch eine europäisch abgesicherte Schutzzone ins Spiel, einige Außenpolitiker der Union forderten einen Bundeswehreinsatz.

Derlei Schadensbegrenzung ergibt aber nur noch wenig Sinn. Wenn statt der Kurden Russland und das Assad-Regime an der syrisch-türkischen Grenze stehen, hat Erdoğan schon seinen Sieg – und Assad und Putin haben ihren. Vielleicht einigen sich die Autokraten darauf, dass die Türkei einen Teil ihrer »Sicherheitszone« an der Grenze bekommt, um Flüchtlinge dorthin abschieben zu können, und dass Assad dafür Idlib erhält, wo Hunderttausende nahe der türkischen Grenze unter freiem Himmel ausharren, in der Hoffnung, den Bomben und den vom Süden her näherrückenden Truppen des Regimes zu entgehen.

Freuen kann sich nicht zuletzt der IS. Vermutlich kamen in den letzten Tagen Hunderte IS-Kämpfer aus kurdischen Gefängnissen frei. Für einen großen Teil der Menschen in Nordostsyrien beginnen damit harte Zeiten. Viele werden sich zur Flucht gezwungen sehen. Vielleicht schaffen sie es noch rechtzeitig in den Irak oder mit viel Geld und Glück auch nach Europa.