Das neue Album von Shannon Wright

Du und ich, auf und ab

Die viel zu wenig bekannte Musikerin Shannon Wright nimmt sich auf ihrem neuen Album eine Auszeit vom Krach und spielt stattdessen Klavier.

Shannon Wright pendelt zwischen den Lautstärken. Ihr mittlerweile 20 Jahre altes Debütalbum »Flightsafety« war ein von der akustischen Gitarre getragenes Folkalbum, ebenso der achfolger »Maps of Tacit« von 2000, auf dem sich allerdings ein ziemlich aggressives Schlagzeug hinzumengte, auf das mit jedem kommenden Album stärker eingeschlagen wurde. »Maps of Tacit« klingt nach einem typischen Album ihres Produzenten Steve Albini, der auf für analoge Technik und schnörkellosen Sound bekannt ist.

Sechs Alben veröffentlichte sie beim Punk-Traditionslabel Touch and Go Records. In den folgenden Jahren wich die akustische immer mehr der elektrischen Gitarre, manchmal schlichen sich auch Pianoklänge ein. »Perishable Goods« von 2001 ist ein Indie-Album, das im selben Jahr erschienene »Dyed in the Wool« klingt dramatisch, »Over The Sun«, 2004 erschienen und wieder in Zusammenarbeit mit Albini entstanden, wartete dagegen mit Noiserock-Momenten auf, ebenso wie der Nachfolger »Let in the Light« von 2007. Pause vom Krach nahm sie sich zwei Jahre später mit dem eher poppigen »Honeybee Girls«, um danach wieder zur härteren Gangart zurückzufinden, was am beeindruckendsten auf dem Album »In Film Sounds« von 2013 klingt, das schon mit dem ersten Song »Noise Parade« ansagt, wohin die Reise geht. Ihre Platte »Division«, 2017 erschienen, stellte gewissermaßen ein Kompendium ihres musikalischen Schaffens dar: Präzise gespielte E-Gitarre trifft auf ungewöhnlich klingendes Klavier trifft auf düstere Ballade. Statt einer Krachparade gab sie dem »Soft Noise« Raum, so der Titel eines Songs.

Diese lange Liste ist nicht nur die Huldigung einer außergewöhnlichen Diskographie, die einen darüber staunen lässt, dass Shannon Wright immer noch eine äußerst unbekannte Musikerin ist. Diese Liste illustriert auch, dass es in Wrights Musik keine Brüche gibt, keine Stilwechsel, sondern dass sie lediglich immer wieder die Lautstärken verändert. Ihr Schaffen vollzieht sich in Wellenbewegungen, auf und ab.

Dass Wright auf ihrem jüngsten Album »Providence« auf sämtliche Instrumente außer dem Klavier verzichtet, erscheint beim Blick über das gesamte Werk dann auch gleich nicht mehr so radikal, das nächste Album wird vermutlich wieder komplett ohne das Tasteninstrument auskommen. Der sparsame Einsatz von Instrumenten führt allerdings dazu, dass Wrights hochgelobte Texte einmal mehr hervortreten. Diese beinhalten eigentlich nur zwei Pronomen: »You« and »I«. Mit ihrer hauchenden, gebrochenen, dennoch rauen Stimme trägt Wright in sechs Songs (nur der Song »Providence« ist ein Instrumentalstück) das klassische Thema des Singer-Songwriters vor: die unglückliche Liebe. Hände berühren sich, Fesseln werden gelöst, Türen geschlossen. Das Ganze erinnert an das großartige Album »White Chalk« von PJ Harvey, obwohl es beim genaueren Hinhören nur entfernt damit zu tun hat. Denn während Harvey auf ihrem hell gestimmten Piano herumklimperte, kostet Wright die hallenden Töne aus und zieht sie in die Länge. Wo bei Harvey auch andere Instrumente zum Einsatz kommen, bleibt Wright puristisch.

»Providence« ist kein leicht verdauliches Album. Hart treffen einen die niederschmetternden Texte und das schwerfällige Klavier. Es ist aber vor allem ohne die Kenntnis ihrer bisherigen Musik kaum zu verstehen – und schon gar nicht zu genießen. Tatsächlich lohnt es sich, ihre Diskographie chronologisch durchzuhören. Bis man damit fertig ist, ist bestimmt schon wieder ein neues Album von Wright erschienen, das höchstwahrscheinlich wieder lauter werden dürfte.

Shannon Wright: Providence (Vicious Circle)