Yvonne Herganes Roman »Die Chamäleondamen«

Die falschen Männer

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Mit dem Titel »Die Chamäleondamen« spielt Yvonne Hergane auf ­einen bekannten Roman von Alexandre Dumas an: »Die Kamelien­dame« erschien 1848 in Paris und beschäftigt sich mit der Pariser Halbwelt. Der Schauplatz von Herganes Roman ist sehr viel weniger glamourös. In der kleinen Stadt Reschitza in Rumänien nimmt der über vier Frauengenerationen erzählte Roman seinen Ausgangspunkt. Hier wird Banater Deutsch gesprochen. Die Frauen besitzen »Tascherln« und »Strapsbandel«, essen »Krumpien« und rufen: »Halt mal die Pappeln!«

Über mehr als 120 Jahre spannt sich der erzählerische Bogen. Edith, Ende des 19. Jahrhunderts geboren, flüchtet noch in der Hochzeitsnacht vor dem Angetrauten und geht zu dem Mann, den sie wirklich liebt. In der entbehrungsreichen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wächst ihre Tochter Marita auf, die später auf Betreiben ihres Geliebten im Gefängnis landet. Maritas Tochter Ellie flieht gemeinsam mit ihrem Ehemann vor dem Ceauşescu-Regime nach Deutschland, wo ihre Tochter Hanne aufwächst. Auch Hanne verliebt sich in den falschen Mann und verliert zeitweilig den Boden unter den ­Füßen. Ihrem kleinen Sohn Luis zuliebe schafft sie den Neuanfang.

Die Männer in diesem Roman sind zumeist Fehlgriffe. Entweder sie verschwinden oder sind so hilflos, dass ihr Bleiben auch nicht unbedingt ein Trost ist. Die Frauen schlagen sich durch und bleiben einander verbunden, nicht zuletzt im Drang nach Rache – und sei es, dass mit ganz feinen Nadeln 20 Kondome angepiekst werden.

Die Geschichte der »Chamäleondamen« wird nicht chronologisch erzählt, der Bericht springt hin und her. Jedes Kapitel könnte auch eine eigene Kurzgeschichte sein, jedes endet mit einer ganz eigenen Pointe. Sehr komisch ist der Wutausbruch von Ellies Ehemann, als 1989 die Mauer fällt und die Ostdeutschen einfach rüberlaufen können. Was hat er leiden müssen, ehe er in den Westen ausreisen durfte, und die kriegen alles geschenkt? Sie sind nicht immer sympathisch, die Chamäleon­damen, und ihre Männer schon gar nicht.

Yvonne Hergane: Die Chamäleondamen. Maro-Verlag, Augsburg 2020, 240 Seiten, 20 Euro