Dem dänischen Geheimdienstleiter Lars Findsen wird Landesverrat vorgeworfen

Spion der Spione

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Es scheint einiges faul im Staate Dänemark: Lars Findsen, der Leiter des dänischen Militär- und Auslands­geheimdiensts (FE), muss sich vor Gericht dem Vorwurf des Landesverrats stellen, wie am Montag vergangener Woche bekannt wurde. Er soll vertrauliche Informationen weitergegeben haben; welche und an wen, ist öffentlich nicht bekannt, das Verfahren läuft hinter verschlossenen Türen. Dass es der Justiz gelungen ist, Findsens Verhaftung im Dezember bis jetzt geheimzuhalten, und sie Journalisten, die nun darüber berichten, mit Anklagen wegen Geheimnisverrats droht, weckt wenig Hoffnung auf Transparenz in dem brisanten Verfahren. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk DR meldet, die Ermittler wollten eine Reihe von Journalisten befragen, was den Verdacht nährt, dass Findsen Geheimnisse nicht an das Ausland, sondern an inländische Medien weitergegeben haben könnte. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zwölf Jahre Haft.

Der heute 57jährige hatte in den neunziger Jahren eine steile Karriere beim Inlandsgeheimdienst PET gemacht. Nach einer Zeit an dessen Spitze wurde Findsen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, bis er 2015 zum Leiter des FE ernannt wurde. Er stand bereits einmal im Zentrum eines Skandals: Im Sommer 2020 war bekannt geworden, dass der FE dem US-Auslandsgeheimdienst NSA zwischen 2012 und 2014 erlaubt hatte, ein dänisches Überseekabel abzuhören – wohl im Austausch für Daten über dänische Bürger. Auch Enthüllungen über ­einen dänischen Spion bei der Terrormiliz »Islamischer Staat«, der in Spanien fälschlicherweise als Terrorist verurteilt wurde, ohne dass die dänische Regierung intervenierte, schwächten das Vertrauen in den Nachrichtendienst.

Dänische Medien vermuten, dass es der Regierung der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit dem Prozess gegen Findsen darum gehe, den Informationsfluss an die Medien stärker zu kontrollieren, um solche Skandale zukünftig zu verhindern. Der Plan könnte nach hinten losgehen: Egal was der Prozess ergibt, er dürfte der Regierung schaden. Sollte Findsen freigesprochen werden, müsste sich die Regierung dem Vorwurf stellen, eine Hexenjagd ­betrieben zu haben – und bei einer Verurteilung würde unweigerlich die Frage aufkommen, wie Findsen über Jahrzehnte höchste Ämter im Geheimdienstwesen ausüben konnte.