Homestory

Homestory #43

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Irgendwann in der Hitze des nächsten Sommers ist es so weit: Die Redaktion wird ihr Equipment zusammenpacken und die weitläufigen Büroräume im vierten Stock der ehemaligen Hutfabrik in der Kreuzberger Gneisenaustraße verlassen, um Platz zu machen für irgendein finanzkräftiges Start-up mit toller, neuer Geschäftsidee wie Schafsmilchseifen, Fitness-Apps oder innovativem Verpackungskrempel. Wohin die Jungle World zieht, steht noch in den Sternen. Klar ist, dass die zukünftige Traumimmobilie wegen steigender Miet- und Energiekosten etwas bescheidener dimensioniert sein wird als das gegenwärtige Büro. Wir suchen also ein bezahlbares Office ab 150 Quadratmeter und gerne auch in Kooperation mit tollen Projektpartnern bevorzugt in Kreuzberg.

Zur Erinnerung: Die ersten Ausgaben entstanden in einer privaten Künstleraltbauwohnung am Paul-Lincke-Ufer. Es gab hohe Decken, Parkett, einen Balkon und Designklassiker; irgendwie durchwehte der Geist des ehemaligen Bewohners Rio Reiser diesen schönen Ort. Anschließend logierte die Zeitung in zwei Zimmern eines Hinterhauses in der Lausitzer Straße, bevor wir eine ganze Fabriketage in der Bergmannstraße in Beschlag nahmen, die wegen zahlreicher Geheimgänge und Nischen geschätzt, aber wegen steigernder Miete gegen das Quartier in der Gneisenaustraße eingetauscht wurde.

Wünsche an das neue Büro gibt es so einige. Ein Kollege hält es mit Cicero, der gesagt hat: Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. Auch die rauchenden Kolleginnen und Kollegen hätten gegen einen kleinen Hof oder Garten nichts einzuwenden. Weniger bescheiden ist da schon das Ausstattungsmerkmal Sauna plus Whirlpool, das ein anderer Kollege ins Gespräch bringt. Zumal im Kollegenkreis umstritten ist, ob man im Fall des Falles überhaupt gemeinsam in die Schwitzhütte gehen würde. Der Kollege aber meint: »Man muss die Sauna ja nicht benutzen, aber man sollte eine haben. Dekadenz als Selbstzweck, ­sozusagen, aus politischen Gründen!« Ob das Budget da mitmacht, wird sich zeigen. Eventuell bleibt der Massagesessel, den sich eine andere Kollegin wünscht, das einzige Zugeständnis in Sachen Wohlbefinden im Büro.