In Mexiko lassen Kriminelle Bergbaugegner verschwinden

Spurlos verschwunden

Der mexikanische Präsident López Obrador die Lithiumressourcen verstaatlicht. Der Abbau wird bisher von transnationalen Unternehmen betrieben, auch Drogenkartelle lassen sich die Einnahmequelle nicht entgehen. Immer wieder werden Abbaugegner in Verbindung mit Minenkonflikten verschleppt.

In der Gemeinde Aquila in Michoacán weht die mexikanische Fahne über dem Rathaus. Im Hintergrund erheben sich bewaldete Berge vor einem strahlend blauen Himmel. Keine Viertelstunde fährt man von hier zum Pazifischen Ozean hinunter; zu einem schier endlosen Sandstrand, an den weiß schäumende Wellen schlagen. Wer in der Gemeinde der Nahua, der größten Indi­genen Gruppe Mexikos, aufgewachsen ist, erinnert sich wahrscheinlich an lange Streifzüge nach der Schule mit Geschwistern und Nachbarkindern durch Felder und Wälder, Fahrradrennen über lange Feldwege, die Jagd auf Singvögel mit selbstgeschnitzten Zwillen, Fangspiele in den Maisfeldern, Kletterpartien in majestätischen Mangobäumen und Kopfsprünge von Felsenvorsprüngen in den Fluss.

Doch eine solche Kindheit blieb María Ramírez verwehrt. Die Familie musste fliehen, als ihr Vater ermordet wurde. Damals war María vier, mittlerweile ist sie 39 Jahre alt und Historikerin. Ob ihre achtjährige Tochter ihren Vater, Marías Mann, noch einmal wiedersehen wird, steht in den Sternen. Ricardo Lagunes wurde Mitte Januar gewaltsam verschleppt.

Bei beiden Verbrechen geht es um den selben Minenkonflikt, in einer Gemeinde, die sich von Bergbauunternehmen niemals hat einschüchtern lassen. »Auf dem gesamten Küstenstreifen von Michoacán gibt es 100 Minenkonzessionen«, berichtet María Ramírez, die an der Universität von Colima zur Regionalgeschichte forscht. »Das große Monster Bergbau ist ungebändigt.« Die indigene Bevölkerung aber werde nicht gefragt, was mit dem Land geschehe, »auf dem sie wohnen, auf dem sie ihre Felder bestellen«. Auch wenn sie seit ihrer Jugend im 120 Kilometer entfernten Colima lebt, hat Ramírez der Konflikt mit voller Wucht wieder eingeholt, als ihr Mann verschwand.

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