Schnee, Kot und eine Berliner Stadthündin

50 Shades of Shit

Wie der Hundehaufen unter Menschen zum bestimmenden Gesprächsthema wird.
Cocolumne Von

Die Indianer, die man jetzt Natives nennt, nannten die Inuit Eskimos. Kompliziert. Wahrscheinlich gibt es 40 oder 400 oder 4 000 Namen für Ethnien, es gibt ja sehr viele verschiedene. Drum ist es auch nicht verwunderlich, dass die Inuit oder Eskimos 40 oder 400 oder 4 000 Wörter für Schnee kennen.

Genaugenommen handelt es sich dabei um eine Legende und es ist nicht klar, ob die Polarbewohner mehr Bezeichnungen für Schnee haben als ein Wochenendskifahrer aus Schwabing, denn vieles, was der eine als »Wort« zählt, ist für die andere eine »Umschreibung«, jedenfalls: In diese Debatte möchte man sich lieber nicht ohne Not hineinbegeben, man kann nur verlieren.

Für Coco ist Schnee vermutlich einfach Schnee, denn allzu viel Umgang hat sie als Berliner Stadthund mit diesem Aggregatzustand des Wassers nicht. Anders sieht es bei Hundekot aus. Mit diesem besonderen Zustand des Futters ist sie bestens vertraut, denn jeder Haufen erzählt seine Geschichte, transportiert ganz spezielle Gerüche und scheint auch seinen je eigenen Geschmack zu haben. Gerne schnappt sich Coco einen Happen von anderer Hunde Losung – aber sie wählt aus dem reichlich vorliegenden Menü aus.

Gerne schnappt sich Coco einen Happen von anderer Hunde Losung – aber sie wählt aus dem reichlich vorliegenden Menü aus.

Was die Vorfresser zu Fressen bekommen haben, unterscheidet sich stark: Hier gab es Billigdose, dort »Premium Lachs & Kartoffel«, hier Trockenfutter und dort wurde gebarft. Ob Geflügel, Lamm, Pferd oder Getreide, alles hat auch nach einmaligem (?) Verdauen noch Geschmack. Und dann gibt es noch verschiedene Festigkeiten: haufig, wurstig oder, im Winter, halb gefroren.

Auch die Menschen der Hunde kommen nicht umhin, sich über diese aus unserer Sicht höchst unappetitliche Sache tiefergehend auszutauschen. Ob und wie der Hund sich entleert hat, muss der Abendrundenmensch dem Morgenrundenmensch schließlich mitteilen, damit dieser weiß, was er zu erwarten hat. So werden die Haufen schnell zu einem bestimmenden Gesprächsthema. Die letzte Mitteilung des Tages ist daher nicht: »Schlaf schön, Schatz, ich liebe dich«, sondern: »Coco hat alles erledigt, aber ziemlich breiig.« Auch die Verdauungshinterlassenschaften anderer Hunde können wir mit den 400, bald 4 000 uns inzwischen bekannten Wörtern für Scheiße beschreiben.

Das ergibt Sinn, denn wir können daraus Rückschlüsse ziehen auf das, was bei unserem Hund am Ende herauskommen wird. So gut fremde Exkremente auch zu schmecken scheinen, dass sie immer gleich gut vertragen werden, kann man nicht behaupten. Der Hund mag die Fähigkeit besitzen, 400 Geschmackskategorien von Kacke zu unterscheiden, dass er in gleichem Maße über deren Bekömmlichkeit informiert sei, ist definitiv nicht der Fall.

Und ja: Wenn Sie hier eine verhaltene Kritik am Geschöpf Hund heraus­lesen, so lesen Sie wohl richtig. Versprochen, nächstes Mal reden wir über schönere Dinge.