Urban Sketching im Tierpark: Die Präriehunde halten einfach nicht still

Der analoge Mann

Aus Kreuzberg und der Welt: Im Tierpark

Am Montagmorgen brechen Julia und ich in den Tierpark auf. Der Himmel ist zwar bedeckt, aber das ist uns nur recht. In der prallen Sonne lässt es sich nicht so gut zeichnen. Dafür sind wir gekommen. Gleich am Eingang sehe ich die Bisons und packe meinen mitgebrachten Klappstuhl aus. »Wollen wir nicht weiter zu den noch größeren Tieren?« fragt Julia, »Ich will eigentlich zur Savanne.« Aber da sitze ich schon. »Nur 20 Minuten«, antworte ich. Sie setzt sich auch.

Wir zeichnen. Sofort kommt geschäftige Ruhe über uns. Ein Vater mit seiner kleinen Tochter stellt sich neben uns. Kinder sind ja immer Experten im Zeichnen. Sie zeichnen selbst ständig. Das Mädchen guckt zwar interessiert auf unsere Skizzen­bücher, ist aber nicht beeindruckt. Es ist auch noch nicht viel zu sehen. Wir haben gerade erst angefangen. Die Bisons bewegen sich zwar, sind aber recht einfach abzubilden. Ich setze meine gezeichneten Exemplare aus verschiedenen Bisons zusammen, so wie ich sie gerade zu sehen bekomme.

Viel schwieriger wird es beim nächsten Stopp. »Nicht die Erdmännchen!« sagt Julia genervt. »Ich will zu den großen, exotischen Tieren!« »Sie sehen zwar so aus wie Erdmännchen, es sind aber Präriehunde. Nur 20 Minuten, bitte … «, antworte ich bestimmend und setze mich sehr nah ans Gehege.

Präriehunde leben in großen Kolonien in weitverzweigten, unterir­dischen Tunnelsystemen. Ein Männchen lebt mit mehreren Weibchen und deren Jungtieren, entnehme ich den sehr übersichtlichen und informativen Infotafeln.

Nicht viele Besucher:innen sind am Montagvormittag hier. Überwiegend sind es Mütter mit ihren Babys, aber auch Väter, den Kinderwagen vor sich her schiebend, die vereinzelt und gelangweilt auf ihre Handys starren.

Diese putzigen Tiere muss ich einfach zeichnen. Aber wo anfangen? Sie wuseln so schnell umher. Bevor ich den Stift auf dem Papier habe, sind sie auch schon weg. Nur einer nicht. Der guckt im Vordergrund unbewegt aus dem Tunnelbau. Ein Späher. Während er so ausharrt, wird er plötzlich ganz liebevoll von einem anderen Präriehund gekost. Sehr soziale Tiere. Langsam bekomme ich ein Gefühl für die Proportionen.

»Das geht ja überhaupt nicht!« schimpft Julia. »Versuch es. Wir sitzen erst zehn Minuten!« bettele ich. »Ich will jetzt weiter!« sagt sie, nimmt ihren Stuhl und geht. Mist. Muss ich wohl ein anderes Mal wiederkommen, um an den Präriehunden weiterzuzeichnen.

Wir wandern durch das weitläufige Tierparkgelände, machen noch Halt bei Eisbären, Leinegänsen und den punkigen Nymphensittichen, bis wir zu den Dromedaren kommen. Nicht viele Besucher:innen sind am Montagvormittag hier. Überwiegend sind es Mütter mit ihren Babys, aber auch Väter, den Kinderwagen vor sich her schiebend, die vereinzelt und gelangweilt auf ihre Handys starren.

Die Dromedare sind zwar riesig, leider stehen sie zu weit entfernt. Als es anfängt zu nieseln, holen wir uns einen Kaffee beim Imbiss und stellen uns unter. Wir essen mitgebrachte Nüsse und sichten unsere Skizzen.

Dann geht es weiter zu den Giraffen. Die zeichnen wir im Stehen. Die Aussichtsplattform ist so gebaut, dass wir mit den Giraffen auf Augenhöhe sind. Besser wäre es, wenn die Tiere nicht so weit entfernt stehen würden.

Eine Frau in unserem Alter mit einem Kleinkind stellt sich neben uns.« Na, wat willste? Willste zu Opa oda zu Papa?« fragt sie das Kind. Zwei Teenager-Mädchen gehören auch dazu. Eine Familie. Julia liest die Infos zu den Giraffen laut aus dem ausliegenden Flyer vor, der auch die Namen der Tiere enthält.

»Aber wer ist denn jetzt Frieda, Maud und Katharina? Kann man die irgendwie unterscheiden?« fragt Julia die von Kopf bis Fuß tätowierte Großmutter mit dem tiefschwarz gefärbtem Haar, die sich hier auszukennen scheint. Erwartungsvoll starren wir die Oma an und warten auf eine Antwort. Sie guckt uns nur kurz an, nimmt dann den Enkel an die Hand und geht. Alle gehen. Sie sind hier genauso heimisch wie die Giraffen und interessieren sich nicht für uns. Macht nichts. Wir kommen auf jeden Fall wieder.