Zeichnungen aus den Kindertagen des Underground-Comics verdienen Bewunderung

Der analoge Mann

Aus Kreuzberg und der Welt: Beim Bilderberg-Treffen

Was ist los mit mir? Ich bin irgendwie dabei und dann auch wieder nicht. Vieles ist mir egal. Ich habe nicht mehr das Gefühl, irgendwas zu verpassen, und ich suche auch keine Anerkennung mehr. Das einzige, was ich wirklich genieße, ist Gemeinschaft. Gemeinsam mit anderen zeichnen, tanzen oder ein Konzert angucken, das macht mir Spaß. Auch gehe ich zum Beispiel sehr gerne jedes Jahr zum »Bilderberg Underground Comix Festival«, um dort Leute zu treffen, Comics zu kaufen, Bands anzusehen und Platten aufzulegen.

Rückblick: Es war Samstag am frühen Nachmittag, als ich voller Vorfreude meine Plattenkiste aufs Rad schnallte, um zur Reichenberger Straße in Kreuzberg zu fahren. Dort angekommen wunderte ich mich. Warum war der Hinterhof leer? Wo waren die ganzen ­Leute? Die Hinterhöfe der sehr langen Reichenberger Straße ähneln sich. War ich im falschen Hinterhof? Zum Glück besitze ich ja mittlerweile ein Smartphone und das zückte ich jetzt und suchte die Veranstaltung auf Facebook.

»Childlabour Comix« ist wahrscheinlich das undergroundigste Comic-Buch, das in diesem Jahr in Deutschland erschienen ist.

Irgendwas stimmte nicht. Es war die richtige Hausnummer, aber der Termin war falsch. Heute war der 25. und das Festival fand am 23. und 24. statt. Mist. Ich war zwei Tage zu spät. Seltsam, denn heute war ganz sicher Samstag. Warum hatte das Festival am Mittwoch und Donnerstag stattgefunden? Das war doch bisher immer am Wochenende. Als ich genauer auf mein Handy guckte fiel es mir plötzlich auf. Ich war einen Monat zu früh. Jetzt war ja noch August.

Einen Monat später stand ich dann tatsächlich im richtigen, gut gefüllten Hinterhof der Reichenberger Straße, traf viele alte Bekannte, sah ein paar Bands und legte Platten auf. Am schönsten ist immer die Bilderberg-Atmosphäre, in der Punks und Comiczeichner:in­nen zusammenkommen. So richtig viel ist ja leider nicht übrig geblieben vom alten Underground meiner Jugendzeit, da sind Veranstaltungen umso wichtiger, die ohne Agenturen und ohne Werbung auskommen.

Die Festivalpublikation, die man für einen Aufpreis zum Eintrittsgeld dazu bekam, war diese Jahr mal wieder ein richtiges Buch, mit dem Titel »Childlabour Comix«. Die beteiligten Comiczeichner:innen waren aufgerufen, Comics, die sie als Kind selbst gezeichnet hatten, neu zu interpretieren. Ein schlüssige Idee, denn Comics von Kindern sind vielleicht nicht immer vulgär, aber zumindest so roh und ungefiltert wie Underground-Comics idealerweise sein sollten. Das Resultat ist wahrscheinlich das undergroundigste Comic-Buch, das in diesem Jahr in Deutschland erschienen ist.

Viele Bands habe ich dieses Jahr nicht gesehen. Umgehauen haben mich ­allerdings die Frauen von Buzzkill mit ihrem krassen Hardcore-Punk und später sah ich noch, wie Brezel ­Göring den Abend würdig beendete.