Wie Donna Summer die Musik revolutionierte

Der Song aus der Zukunft

Nach »Retromania« geht es mit »Futuromania« in die Zukunft: Der britische Musikkritiker Simon Reynolds widmet sich in seinem neuen Buch, das 2020 erstmals veröffentlicht wurde und jetzt in deutscher Übersetzung im Ventil-Verlag erschienen ist, der elektro­nischen Musik. Im ersten Kapitel erzählt er, wie Donna Summers 1977 erschienener Song »I Feel Love« die Musikwelt revolutionierte – und dass er einen entscheidenden Anteil an der Erfindung elektro­nischer Dance Music hatte.
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Es gibt Songs, die die Popgeschichte in ein Davor und ein Danach teilen. Über manche lässt sich nicht streiten: »She Loves You«, »Anarchy in the U.K.«, »Rapper’s Delight«. Über andere schon. Manchmal greift ein Song in die Pop-Zeitachse ein, ohne dass es viele Leute bemerken. Man denke an Phutures »Acid Trax«, den wegweisenden Acid-House-Track von 1987, dessen Einfluss sich erst später zeigen sollte. In anderen Fällen vollzieht sich der Bruch vor aller Augen, an der Spitze der Charts, und der ­Effekt ist offensichtlich. Eine solche die Popwelt revolutionierende Single, die seinerzeit als »Echtzeit-Zukunftsschock« empfunden wurde, war »I Feel Love«.

Der Welthit »I Feel Love« wurde Anfang 1977 veröffentlicht. Er erreichte Platz eins in den Charts mehrerer Länder (darunter Großbritannien, wo er einen ganzen Monat lang die Spitze belegte) und Platz sechs in Amerika. Die Wirkung dieses Hits reichte weit über die Grenzen der Disco-Szene hinaus, in der die Sängerin Donna Summer und ihre Produzenten Giorgio Moroder und Pete Bellotte längst etabliert waren. Post-Punk- und New-Wave-Bands schätzten und adaptieren den innovativen Sound, die wahnsinnige Präzision seines rasterförmigen Grooves aus sequenzierten Synthie-Pulsen. Selbst heute, lange nachdem die Discophobie in Ungnade gefallen und der Rockismus besiegt ist, wird die Behauptung, »I Feel Love« sei wichtiger gewesen als andere epochale Singles des Jahres wie »God Save the Queen«, »Sheena Is a Punk Rocker« oder »Complete Control«, von einem Wonneschauer des Verbotenen begleitet. Dabei ist das einfach Fakt: Wenn es einen Song gibt, der die Achtziger einläutete, dann ist es »I Feel Love«.

Innerhalb der Clubkultur war »I Feel Love« richtungsweisend und bahnte den Weg für Genres wie Hi-NRG, House, Techno und Trance.

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