Die Bundesverteidigungsministerin will das Image der Bundeswehr aufpolieren

Gelöbnis im Sperrgebiet

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Die jüngsten Gelöbnisse fallen in eine Zeit, in der die Bundeswehr weltweit operiert und auch im Inland Privilegien in Anspruch nimmt. Bereits im August hatte sich die Deutsche Bahn mit der Bundeswehr auf Gratisfahrten von Soldaten in Uniform in ICE- und IC-Zügen geeinigt. »Es geht darum, die Bevölkerung an den Anblick von Soldatinnen und Soldaten zu gewöhnen und Akzeptanz zu schaffen«, sagt der Sprecher der »Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner« (DFG-VK), Michael Schulze von Glaßer, im Gespräch mit der Jungle World. Die Proteste gegen das Gelöbnis 1980 erklärt er auch mit der damals noch gültigen allgemeinen Wehrpflicht. »Weil damals noch jeder junge Mann direkt mit der Entscheidung konfrontiert war, seinen Kriegsdienst machen zu müssen beziehungsweise ihn aktiv zu verweigern, gab es damals mehr Betroffenheit bei den Menschen.«

Die DFG-VK verstärkt die Aufklärungsarbeit. »Wir haben Materialien gegen Militärwerbung erstellt. Neue Materialien speziell gegen Gelöbnisse und auch die drohende Reaktivierung des Kriegsdiensts sollen bald folgen«, so von Glaßer. Der DGB-Kreisvorsitzende im niedersächsischen Heidekreis, Charly Braun, geht im Gespräch mit der Jungle World auf die gewandelte Rolle Deutschlands in den vergangenen 30 Jahren ein. »Die Gelöbnisstörungen von 1980 und 1990 standen noch nicht unter den Zeichen internationaler Kampfeinsätze wie heute. 1990 hofften gar viele Menschen, dass Abrüstung auch bei der Bundeswehr möglich sei, denn der Kalte Krieg endete.« Dazu sei es nicht gekommen, denn Deutschland »ist seit 1990 wieder wer« und verteidige seine ökonomischen Interessen in anderen Weltgegenden. Für den Gewerkschafter, der sich im antimilitaristischen Bündnis »Rheinmetall entwaffnen« engagiert, ist das Stören von ­Gelöbnissen »heute sehr viel nötiger als vor 30 oder 40 Jahren«.

Anders als damals gehören die Grünen nicht mehr zu den parlamentarischen Bündnispartnern der antimilitaristischen Bewegung. Lediglich die Linkspartei argumentiert gegen Rüstung und Gelöbnisse, auch wenn sie an manchen Bundeswehrstandorten in Ostdeutschland bereits andere Töne anstimmt. Der lange in der antimilitaristischen Bewegung aktive Bundestagsabgeordnete Tobias Pflüger (Linkspartei) sieht die Gelöbnisse »als Teil einer massiven Aufrüstung, die nicht nur materiell und ­finanziell, sondern auch in der öffentlichen Debatte vorangetrieben wird«. Doch er sieht auch Hoffnung für die Gegner. Erfreulicherweise falle es der Bundeswehr schwer, genügend Personal zu finden, weil »viele junge Menschen dem Militär kritisch gegenüberstehen«, so Pflüger. Dass, anders als die Ver­teidigungsministerin geplant hatte, längst nicht in allen Bundesländern Gelöbnisse stattfanden, sieht Pflüger als Erfolg.