Breit auf dem Boulevard

Auf der 1. bundesweiten Hanf-Parade gab es einen echten Joint von einem halben Meter Länge
Von

Vergleiche mit der Love Parade (LP) sind gewollt. Die VeranstalterInnen der Berliner Hanf-Parade (HP) hatten am Samstag, den 23. August, nicht zufällig die selbe Strecke vom Ernst-Reuter-Platz zum Brandenburger Tor gewählt und mit der Bezeichnung Parade gelockt. Nun gut, vergleichen wir. Faschonasen und andere Kotzbrocken: LP - immer mehr, HP - alles nette Leute. Musik: LP - nur Bumm-Bumm, HP - Reggae, Punk und ebenfalls Techno-Bumm-Bumm (aber besser). Kleidung: LP - peinlich, peinlich, HP - wie in Kreuzberg. Route: bei beiden die selbe Strecke voller nationaler Symbolik. Drogen: LP - ja, HP - ja, ja, ja. Verpflegung: LP - Wasser und Bier an jeder Ecke, HP - Joints, alles andere erst bei der Abschlußkundgebung. Müll: LP - Bierdosen, Pappbecher, HP - Bierdosen. Kommerz: LP - extrem, HP - erst am Brandenburer Tor. Politische Vereinnahmung: LP - kaum, höchstens ein bißchen Schönbohm, HP - volle Kanne, Grüne und PDS. Coolnes: LP - Touristenspektakel sind nicht cool, HP - Marley lebt. Modernität: LP - voll up to date, HP - die Dinosaurier sind zurück.

Mit rund 20 000 TeilnehmerInnen wurden die zuletzt sehr pessimistischen Schätzungen der VeranstalterInnen bei weitem übertroffen. Aus ganz Deutschland waren KifferInnen angereist, um für die Legalisierung von Cannabis zu demonstrieren. Das ganze nicht mit Schwarzem Block und Hoch-lebe-nieder-mit-Parolen, sondern ähnlich wie die Love Parade mit großen bunten Wagen, von denen Musik schallte. Und wider Erwarten wurde die Demo zu einem großen Kiff-In. Die Lobby der KleinunternehmerInnen, die mit THC-freiem Hanf, beziehungsweise den Endprodukten handelt, warb erst nach dem Umzug vorm Brandenburger Tor mit ihrem Angebot, das von Hanfbier über Hanfhemden bis zu Hanfburgern reicht.

Bei der Demo tummelte sich hingegen die Kiffergemeinde. Nicht-Kiffer gab es nicht, denn man wurde schon vom Passivrauchen breit. Eine echte Freak-Parade: Hippies, wie sie eigentlich als ausgestorben galten, Punks, Raver, Rastafas, Jusos, Christian Ströble von den Grünen und andere Alt-68er, die PDS-Jugend. Gedränge und Hüpfstreß wie bei der Love Parade scheint den lassiven Kiffern jedoch fremd. Auf der breiten Straße des 17. Juni ließen sie sich jede Menge Zeit, wodurch der Demo-Zug immer länger und breiter wurde, aber dabei etwas löchrig wirkte. Besonders beliebt waren die Wagen der Parteien. Während die PDS Berliner Hausbesetzer-Bands spielen ließ, überraschten die Grünen mit renommierten Techno-DJs. Aber natürlich fehlte auch der notorische Reggae-Wagen nicht.

Die Forderungen auf den Transparenten bezogen sich alle auf die Droge Marihuana beziehungsweise Haschisch. Hanf als Rohstoff für diverse Produktionsgüter spielte keine Rolle. Joints machten beständig die Runde, wohl kaum ein Demonstrant oder eine Demonstrantin, die an diesem Tag nicht mal zog. Gesehen wurde auch der mit Sicherheit längste funktionierende Joint der Welt, der ungelogen etwa einen halben Meter maß und es in sich hatte ...