Weiter Einkaufen auf SPARflamme

Berliner Oberverwaltungsgericht legitimiert Sachleistungsprinzip für Asylsuchende

Erfolg für Berlins Sozialsenatorin Beate Hübner: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat den Betrieb zweier "Sachleistungsmagazine" für Asylsuchende rechtlich legitimiert. Es hob damit vergangene Woche ein Urteil des Verwaltungsgerichtes auf, das den Betrieb dieser Läden als unzulässige Monopolisierung betrachtet hatte. Nun werden nicht nur rund 2 300 Asylbewerber und -bewerberinnen weiterhin gezwungen sein, ihren täglichen Bedarf über ein Warenkonto bei den Magazinen zu decken. Auch einer Ausweitung dieses Sachleistungsprinzips auf die rund 32 000 Bürgerkriegsflüchtlinge und die geduldeten Asylsuchenden dürfte nichts mehr im Weg stehen.

Dabei stieß der im Asylbewerberleistungsgesetz begründete Zwangseinkauf bislang auf heftige Kritik: Viele Flüchtlinge müssen sehr lange Strecken zurücklegen, um zu einem der beiden Magazine in Kreuzberg und Reinickendorf zu kommen. Vor allem, so kritisieren die Betroffenen, seien die Preise "völlig willkürlich". So hätten 100 Babywindeln erst 23 Mark gekostet, später sei der Preis auf 56 Mark gestiegen. Einige Waren seien gar nicht zu bekommen.

Für das Verwaltungsgericht schien deshalb die Sache klar: Der Kostenübernahmeschein für die Magazine hat nicht dieselbe Kaufkraft wie ein Gutschein, der in verschiedenen Geschäften einlösbar ist, urteilte die Behörde Mitte Juli. Das Gericht entsprach damit der Klage einer libanesischen Familie und wies das Landesamt für zentrale soziale Aufgaben an, den Flüchtlingen Bargeld oder Gutscheine auszuhändigen, die auch in anderen Läden angenommen werden. Das OVG interpretiert die Gesetze anders: "Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf Warenauswahl nach dem breiten Marktangebot nicht garantiert", heißt es in dem Beschluß der vergangenen Woche. Folglich sei es legitim, wenn die Flüchtlinge nur in den beiden Läden einkaufen könnten.

Auf die Preisgestaltung, erklärt Sozialsenatorin Hübners Sprecherin Gabi Lukas, habe man ohnehin keinen Einfluß, das sei Sache der privaten Betreiberin Sorat GmbH. Doch dort will man von dem Vorwurf teurer Waren nichts wissen. "Wir verkaufen alles zum Einkaufspreis", sagt Hans-Jürgen Haehnsen, Leiter der Sozialen Dienste bei Sorat, der Jungle World. Er verweist auf den Zulieferer, die SPAR Handels AG. Deren Sprecher Dieter Feger wiederum erläutert, man liefere an die Sorat zum selben Großhandelspreis wie an die dreihundert anderen Kunden. "Wir können natürlich niemand vorschreiben, wie er den Verkaufspreis kalkuliert."

Die SPAR-Auslieferungszentrale in Mittenwalde wurde vor zwei Wochen Ziel eines Anschlags "Autonomer Gruppen 'Sparflamme'". Das Ergebnis: Fünf völlig ausgebrannte Lkw, zahlreiche zerstochene Reifen und eingeschlagene Scheiben, rund drei Millionen Mark Sachschaden. SPAR profitiere als alleiniger Lieferant der Sammelmagazine "direkt von der rassistischen Unterdrückung und Ausgrenzung von Flüchtlingen", heißt es in einer Erklärung. Für SPAR-Sprecher Feger kein Grund, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. "Dann wird Sorat eben eine andere Quelle suchen."

Auch bei der Sorat, die neben den beiden Magazinen auch an zwanzig Flüchtlings-, Aussiedler- und Obdachlosenheime sowie fünf Hotels verdient, will man sich nicht unter Druck setzen lassen. "Wir haben sowieso keinen Lkw-Fuhrpark vor der Türe stehen", beruhigt sich Firmensprecher Haehnsen. Dennoch räumt er ein, daß die derzeitige Situation keine dauerhafte Lösung sein könne. Im Gegenteil: Wenn das Sachleistungsprinzip wieder verschwinde, "weinen wir dem keine Träne nach". An weiteren Magazinen wolle sich die Sorat nicht beteiligen.

Die Berliner Sozialverwaltung will noch diese Woche über die Einführung der Warenkonten für Bürgerkriegsflüchtlinge und geduldete Asylsuchende entscheiden. Ob allerdings weitere Magazine eingerichtet werden sollen, ist unklar: "Hauptsache, wir einigen uns mit den Sozialstadträten auf eine einheitliche Linie", sagte Sprecherin Gabi Lukas der Jungle World. Bislang weigern sich einige Sozialstadträte, Gutscheine anstelle von Bargeld auszuhändigen.