Streiklosung: »Ausländer raus!«

Spaniens Kicker drohen mit Ausstand gegen Nicht-EU-Spieler

Pünktlich zum Start der Bundesliga erklärte Franz Beckenbauer, Deutschlands heimlicher Kaiser, wie die Zukunft des deutschen Fußballs aussehen müsse. Ganz volksverbundener Monarch verkündete der Bayern-Chef im Interview mit dem Fernsehsender Premiere, die "Invasion ausländischer Fußballer" müsse gestoppt, statt dessen der nationale Nachwuchs hochgepäppelt werden. Eine auf Spielfeld, Trainerbank und Zuschauerrängen praktizierte Volksgemeinschaft, wie sie wohl nur in Deutschland funktioniert.

So erfahren Spaniens Profikicker weit weniger nationale Solidarität. Daher drohen sie, die neue Saison bereits nach dem ersten Spieltag vorzeitig zu beenden. Einstimmig beschloß der Verband spanischer Fußballer (AFE) Ende August, ab dem kommenden Wochenende gegen Mitspieler aus Nicht-EU-Ländern in einen Generalstreik zu treten. "Den Vereinen sollte klar sein", so die Marschrichtung von AFE-Präsident Gerardo Gonz‡lez Movilla, "daß sie ab sofort nicht noch mehr solcher Spieler verpflichten können". Schrittweise, so fordern die nationalbewußten Ballkünstler schon seit knapp einem Jahr, müssen auch die Fußballstadien Spaniens zu europäischen Festungen umgebaut werden. Dürfen die Vereine derzeit sechs Nicht-EU-Bürger unter Vertrag haben und bis zu vier von ihnen gleichzeitig aufstellen, will die AFE für diese Saison pro Team maximal drei Spieler ohne Euro-Paß auf dem Rasen sehen. In den beiden Folgejahren soll diese Zahl zunächst auf zwei, dann auf schließlich auf einen reduziert werden.

Doch in den Vorstandsetagen spanischer Clubs denkt man anders als bei Bayern München. "Die Fans fordern Tag für Tag mehr: Immer schönere Spiele, daß ihr Verein gewinnt, und sie unterstützen ihre Idole, ohne auf Hautfarbe oder Nationalität zu achten", berichtet Juan Onieva von Real Madrid in der Tageszeitung El Pa's. Ganz so idealistisch wie der Schatzmeister des spanischen Meisters es gerne hätte, ist der Durchschnittsfan mit Sicherheit jedoch nicht. Doch der Erwartungsdruck, der auf den spanischen Vereinsmanagern lastet, ist in der Tat groß: Die Liga gehört zu den wichtigsten Gesprächsthemen, trotz hoher Eintrittspreise sind die Stadien gut gefüllt, und Restaurant- sowie Kneipenbesitzer beklagen sich lautstark über sinkende Umsätze, seitdem drei Partien pro Spieltag direkt im Fernsehen übertragen werden.

Bei soviel Fußball-Begeisterung ist natürlich eine Menge Geld im Spiel. Bereits in der Saison 1996/97 wurde die Primera Divison als "goldene Liga" und teuerste der Welt gefeiert, für die neue Spielzeit haben Spaniens Vereine noch einmal draufgelegt: Über 500 Millionen Mark wurden in Neuverpflichtungen investiert, 53 Prozent mehr als im Vorjahr. Soviel Geld läßt sich auf der iberischen Halbinsel alleine gar nicht ausgeben. 252 ausländische Kicker stehen so bei insgesamt 42 Clubs der ersten und zweiten Divison unter Vertrag, der Großteil von ihnen - 195 - ohne Ausweis eines EU-Staates. Das, so rechnet Juan Onieva vor, macht gerade einmal einen Prozentsatz von 24 Prozent, also weniger als ein Viertel. Viel zuviel jedoch, glaubt man den Spielern mit protektionistischem Sinn fürs Nationale. Internationale Konkurrenz ist eben nur dann prima, wenn man selbst heiß umworben ist.

Die Erfolgschancen der nationalistischen Streikbewegung sind eher gering. Denn Vereinspräsidenten ˆ la Beckenbauer, die eine kickende Volksgemeinschaft heraufbeschwören, sind jenseits deutscher Grenzen glücklicherweise ziemlich selten. Am 18. September ist eine erste Gesprächsrunde zwischen Spielern und Verband geplant.