Georgia Tornows Buch-Shop

Für Bett und Wanne

Zu einer Zeit, als es aus Gründen der Basisdemokratie einen solchen Posten noch gar nicht gab, war Georgia Tornow schon die erste Chefredakteurin der taz. Später leitete sie, solange es dies noch nicht gab, das Feuilleton der Berliner Zeitung. Irgendwann wurde ihr der Futtersack abgeschnallt, und monatelang hatte sie nichts zu tun, als unentwegt zu behaupten, sie stehe jederzeit voll unter Strom und arbeite hektisch an "zwei Medienprojekten: eins im Printbereich und eins im TV-Bereich". Wird schon sowas sein, dachte man damals und glaubte zu wissen, daß sie in Wahrheit den ganzen Tag zu Hause saß und im Tui-Katalog blätterte. Jedenfalls hoffte man das.

Seit neuestem aber gibt es im Fernsehen "ntv bücher". Mit Georgia Tornow: "Willkommen zu 'ntv Bücher', der ersten Ausgabe für das Magazin für intelligente Konsumenten und genußfähige Verbraucher." Einen "jungenhaften, naiven, manchmal aggressiven" alten Langweiler hat sie sich eingeladen. Hellmuth Karasek bringt sein neues Buch gleich mit: "Hand in Handy. Es soll heißen, daß Liebende eigentlich Hand in Handy sind." La Tornow nennt ihn deshalb einen "Meister des Wortes". Wer aber würde dafür sein Handy ins Feuer legen?

Aus Irene Mössinger, der Leiterin de Tempodrom, tönt nunmehr die "Stimme der Kritik": "Noch wichtiger ist, daß Coco Schumann Halbjude ist und es geschafft hat, als Künstler, als Lebenskünstler und vor allem als Überlebenskünstler zu überleben." Auch Auschwitz habe er als Lebenskünstler überlebt. "Er hat selbst in der Hölle sozusagen immer noch Gefallen an der Musik empfunden. Und hat, das ist ganz wichtig, sich eigentlich nicht auseinandergesetzt mit der Frage des Holocaust oder überhaupt mit seinem Stand als Jude in Deutschland." Wäre den Juden der Holocaust am Arsch vorbeigegangen, hätten sie letzteren vielleicht retten können. Eine gewagte These; allerdings gesteht Frau Mössinger: "Ich bin keine Kritikerin und maße mir nicht an, ob das Buch gut oder schlecht ist."

"Danke, Frau Mössinger, das war ja eine Laudatio." Während Karasek über sein Lieblingsbuch - Nabokov, "Lolita" - spricht, wird das Studio verdunkelt, und Frau Tornow brennt eine Wunderkerze ab. "Danke, Herr Karasek, für diesen Geheimtip. Ich nehme an, Sie haben dem Nabokov-Schinken jetzt doch noch ein paar neue Fans geworben."

Dem Schinken-Geheimtip folgen "Turbo-Tips von Tornow": "Eine junge Frau flieht im Sommer 1989 vom Platz des Himmlischen Friedens in Panik und stürzt sich in die verrücktesten sexuellen und sonstigen Abenteuer: Beziehungskisten pur. Bittere Botschaft: Sexuelle Freizügigkeit ist nichts gegen die richtige Freiheit. Der Roman ist prima. Lesen!"

Reich-Ranicki, meint die Tornow, sei "manchmal kotzbrockig". Sie selbst hingegen ist eher dünnpfiffig. Und ihre Sendung ein einziger zerebraler Pups. Ein Turbo-Pups pur sozusagen, "wunderbar fürs Bett und wunderbar für die Badewanne" und wie "alle unsere Bücher natürlich auf Videotext zum Nachlesen. Nächste Woche ist ... Hubert Saladin der richtige Partner. Hubert Saladin - Finanzierungen, Kapitalanlagen, Immobilien. Das waren die Branchen-News. Weitere Informationen erhalten Sie ..." Ach so, das waren schon die Branchen-News. Schuldigung.