Schriftsteller, sitzt für die PDS im Bundestag

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Das Sparwasser-Tor! Das Sparwasser-Tor habe ich selbst erlebt. Wir wohnten damals in Köln und hatten uns gerade unseren ersten Fernseher zugelegt. Obwohl ich während der Zeit in meiner DDR-Gegnerschaft immer wieder erneut gefestigt wurde, weil die DDR auch mich fortwährend als Feind behandelte - ich war da ja längst in Westdeutschland -, hab ich bei dem Treffer sehr gejubelt. Ich muß allerdings sagen, daß ich ein sehr unspezifischer Fußball-Fan bin. Wenn es nämlich um nationale Fußballspiele geht, dann sympathisiere ich grundsätzlich mit dem Gegner der deutschen Nationalmannschaft.

Wenn mich etwas traurig gemacht hat, dann war das, als ich später hörte, daß Sparwasser in den Westen gegangen ist. Er ist dort wohl irgendwo in der Anonymität verschwunden, so erinnere ich mich jedenfalls.

Die Reaktion auf sein Tor war natürlich in Westdeutschland ein großes Entsetzen. Also der Gegenpol zum großen Weltmeister-Tor in Ungarn 1954. Und als nun plötzlich die DDR mit diesem Tor gegen die Bundesrepublik gewann, da fühlten sich die Westdeutschen ganz tief gedemütigt. Ich glaube, daß so manches, was jetzt nach 1989 als Siegestriumph West gegen Ost geschehen ist, auch eine Art innere Befriedigung war, also gewissermaßen die Wiedergutmachung für das furchtbare Sparwasser-Tor.