Wer wagt, gewinnt

Irak hat's geschafft: Der Konflikt wird zum Zweikampf mit den USA

Die Los Angeles Times weiß genau, wer den USA die jetzigen Probleme mit dem Irak eingebrockt hat: Der Ex-Präsident George Bush und dessen Kabinett. Sie "zogen den bekannten Teufel dem unbekannten vor" und vererbten das Problem damit an den jetzigen Amtsinhaber William Clinton. Dieser erklärte erst Ende November, der Konflikt mit dem Satan aus Irak sei noch lange nicht ausgestanden.

Nicht ohne Grund bleiben die US-amerikanischen Truppen am Persischen Golf weiterhin in Bereitschaft. Ihr Befehlshaber, General Anthony Zinni, zeigt sich überzeugt, die Alliierten aus dem Zweiten Golfkrieg würden es schon irgendwie akzeptieren, sollte die US-Armee einen militärischen Schlag gegen den Irak unternehmen. Dabei bemüht sich die irakische Diplomatie intensiv darum, Washington nicht nur im eigenen Lande auch international als Buhmann darzustellen. Nizar Handum, der Botschafter des Golf-Landes bei den Vereinten Nationen (UN), meint beispielsweise, daß sich nur wegen der Blockade- Haltung der USA der russische Kompromißvorschlag "Internationale Waffenkontrollen gegen baldige Aufhebung oder Lockerung der Sanktionen" nicht habe durchsetzen können.

Ebenso macht Bagdad die USA für den Konflikt um die Besichtigung sogenannter "sensibler Orte" in der vergangenen Woche verantwortlich: Außenminister Muhammad Said al-Sahaf erinnerte an ein Abkommen vom Juni 1996, indem der Irak sich verpflichtet, die Waffeninspekteure der UN Special Commission (UNSCOM) agieren zu lassen, wenn im Gegenzug Orte, die die "nationale Souveränität" symbolisieren, unangetastet blieben. Damit wollte Said al-Sahaf Kommission den Zugang zu den Präsidentenpalästen Saddam Husseins verwehren. Sollten die internationalen Kontrolleure auf ihrer Suche nach Waffen vor solchen "sensiblen Orten" nicht Halt machen, sei dies als "Kriegserklärung" zu werten. Zugleich regte er auch eine Umbesetzung der Inspektorentruppe an, diese solle internationaler werden, sich ihrer US-Vorherrschaft entledigen. Sechs der rund 70 Kontrolleure sind US-Amerikaner.

Washingtons Geheimdienste konterten unverzüglich. Sie behaupten, die Kontrollen seien bisher völlig wirkunglos geblieben. Die Gegenseite habe bisher jeden Schritt der UNSCOM-Mitarbeiter vorausgesehen und so die gesuchten Waffensysteme - atomarer, bakterieller oder chemischer Art sowie Langstreckenraketen - rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Mit der Nummer 858 bezeichne der irakische Geheimdienst eine Operation, in deren Verlauf der UNSCOM-Sitz in Bagdad verwanzt, die Satellitentelefone abgehört und Informanten eingschleust worden seien.

Um seine Fürsprecher bei der Stange zu halten, gab sich Hussein großzügig: Der UN-Sicherheitsrat sei geladen, "Diplomaten und Fachleute" in seine Paläste zu entsenden. Damit bewies er seinen guten Willen, während die USA sofort protestierten. Sie verlangen eine Palastbesichtigung durch die Waffeninspekteure und stehen nun so da, wie Bagdad es gerne hätte: als kompromißlose Blockierer. Der Irak versteht sich indessen immer besser mit Moskau und selbst das traditionell angefeindete Nachbarland Syrien bezeichnet man mittlerweile als "Bruderstaat".

Eine Milderung der Sanktionen zu erreichen, scheint momentan wichtigstes Ziel der Regierung Husseins zu sein. Monatlich, so wird behauptet, würden 5 000 Kinder im Irak wegen der schlechten Versorgung mit Medikamenten und Lebensmitteln sterben. Am Freitag vergangener Woche gab die staatliche Nachrichtenagentur Ina bekannt, es werde künftig noch kleinere Lebensmittelrationen geben - unter Verweis auf die Sanktionen der UN.

Neben Rußland haben sich auch Frankreichs Außenminister Hubert Vedrine sowie China und Ägypten dafür ausgesprochen, dem Irak einen Verkauf von mehr Erdöl als bisher zu gestatten. Am 5. Dezember werden die Vereinten Nationen darüber entscheiden. UN-Generalsekretär Kofi Anan hat bereits angedeutet, daß dem Irak dann erlaubt werden könnte, künftig alle sechs Monate Öl im Gegenwert von 3,14 Milliarden US-Dollar - eine Milliarde mehr als bisher - zu verkaufen. Wenn nicht die USA vorher ihr Veto einlegen.