ist seit 1983 Sportredakteur bei der taz

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Das Spiel BRD gegen die DDR habe ich nicht gesehen, ich wäre da wohl gegen die Mannschaft der Bundesrepublik, aber auch gegen die der DDR gewesen. Allein schon das 7-8-9-Klasse! ging mir auf die Nerven, ebenso die dazugehörigen, sorgfältig ausgewählten biederen DDR-Fans. Aber ich habe die Spiele der DDR-Elf sehr wohl verfolgt, eines sogar live im Berliner Olympiastadion. Ein Chile-Solidaritätskomitee hatte zu Aktionen während der Spiele der chilenischen Elf aufgerufen, der Putsch lag noch nicht lange zurück. Bei der Begegnung Chile: DDR hatte sich deswegen ein eigener Block, ca. 3 000 Leute, gebildet. Wir schmuggelten Transparente mit der Aufschrift "Chile s', Junta no" ins Olympiastadion und riefen das auch - der Sprecher im BRD-Fernsehen kommentierte dies: "Die chilenischen Fans feuern ihre Mannschaft unverdrossen an!" Eigentlich war geplant, während des Matchs mit chilenischen Fahnen und Transparenten den Platz zu stürmen, weil dies mehr Publizität gebracht hätte, aber das klappte bei diesem Spiel nicht, sondern erst bei der Begegnung der Chilenen mit Australien. Da war ich nicht dabei. Dort haben dann einige Leute mit einer Fahne und einem Riesentransparent, das von mehreren festgehalten werden mußte, auf dem Platz gestanden und die Faust kämpferisch in die Höhe gereckt. Bis sie schließlich festgenommen wurden, eine Strafe erhielten sie nicht. Die chilenischen Spieler standen währenddessen herum, nur einer grinste verstohlen, aber eingegriffen hat auch keiner von ihnen - klar, sie konnten sich ja denken, was ihnen sonst nach der Heimkehr passieren würde. Das Spiel wurde damals nur vom DDR-Fernsehen live übertragen, im BRD-TV lief eine andere Begegnung, und der Sprecher, ich glaube, es war Oertel, schien ratlos zu sein. Einerseits mußte er die Aktion gut finden, andererseits konnte er die Störung eines Fußballspieles nicht gut heißen, er eierte also ziemlich herum.

Diese "Chile s', Junta no!"-Aktion wurde live in alle Welt übertragen, natürlich auch nach Chile, und von dort haben wir dann später gehört, daß sie sehr gut angekommen ist.

An das Endspiel der WM erinnere ich mich dagegen gut: Eine meiner WG-Mitbewohnerinnen und ich waren als einzige für die Niederlande, in der ersten Halbzeit haben wir frohlockt, in der zweiten waren wir ziemlich kleinlaut. Johan Cruyff war damals mein Lieblingsspieler, ich kann mich an jede seiner Aktionen erinnern, angefangen vom ersten Spiel gegen Uruguay bis hin zum letzten mißglückten Schuß gegen Sepp Meier im Endspiel.