Nichts zu verlieren

Zwei Filme für Anhänger der Kontrollgesellschaft: "Event Horizon" und "Nowhere"

Dr. Weir (Sam Neill) hat die "Event Horizon" konstruiert, ein Raumschiff der besonderen Art. Gleich muß man es suchen gehen, denn es fährt mit einem Schwarzen-Loch-Antrieb. Der erzeugt eine Lücke in Zeit und Raum - zum Problem des Naturphänomens: Nur wenige Dinge im Universum sind furchterregender als der Tod eines riesigen Sterns. Der wird erst zur Supernova. Dann fällt er zusammen und ist vom Himmel weg. Und hinterläßt - ein Schwarzes Loch. Das hat sich Dr. Neill also in die Werkstatt geholt. Ist es da ein Wunder, daß die "Event Horizon" schon während des Jungfernfluges verschwindet? Jahre später taucht sie als gigantische Mülltonne neben dem Neptun wieder auf. Was hat sie nur so lange gemacht? Und wer hat der Mannschaft die Köpfe durch die Darmenden gestülpt? Das Böse aus der anderen Welt haben unsere Raumfahrer diesmal selber mitgebracht - oje: Diese Leiche da, die sieht wirklich schlimm aus. Maschinenwaffen heraus und die Alpträume erschießen.

Besondere Mühe gab sich der Produktdesigner mit dem Maschinenraum - und zurück zum Anfang. Oder lieber, zum Schluß: Haben wir nicht alle ein schwarzes Loch, irgendwo? Sehen wir innen nicht auch so aus wie Alien? Wie das Nichts oder wie der Schauspielangestellte Neill?

Zu loben bleibt die leckere Filmmusik von Michael Kamen ("Stirb langsam", "James Bond", "Don Juan De Marco"). Verleih zum Film: "Je tiefer die Mannschaft in das Raumschiff vordringt, um so näher kommen sie dabei einer Wahrheit, die sich als Horror unglaublichen Ausmaßes realisiert." Na ja. Nicht wirklich langweilig, aber auch nicht wirklich wichtig.

Ebenfalls für Anhänger einer Theorie der Kontrollgesellschaft empfiehlt sich Gregg Arakis "Nowhere" - das PR-Info beginnt tatsächlich mit einem Deleuze-Zitat. Arakis Thema: Verwirrte Jugendliche. Eine halbe Stunde hält der Film gut durch und analysiert aktuelle Probleme der Überwachung. Mutter zu Sohn im Badezimmer: "Mach endlich die Tür auf, Penner! Oder wedelst du dir wieder einen von der Palme?" Der Mann heißt Dark Smith (James Duval) und hat nur einen Halt im wackeligen Dasein: Er will seinen eigenen Tod filmen. Und die Freundin vögeln/heiraten. Mit seiner nichtsnutzigen Jugendbande trifft er sich in einer technoiden Kneipe namens "Hole", und so heißt bekanntlich auch Courtney Loves Gruppe, die ein oder zwei Stücke vom Soundtrack angeliefert hat. Der bietet ansonsten den MTV-Inhalt der letzten zwei Jahre feil: Blur, Nine Inch Nails, Lush, Chemical Brothers, Radiohead, Marilyn Manson. Ein Film zum hören also. Weitere, besonders schöne Weltuntergangstheorien bringt Schülerin Dingbat zum besten, referiert von Christina Applegate. Da kommt auch noch ein Alien gelaufen - was für ein Film. Darks Fazit: Mit Körper geht es nicht. Aber ohne auch nicht.

Das Grauen auf der "Event Horizon", das haben die Party-Hopper von "Nowhere" jeden Tag vor Augen: Wenig Geschlechtsverkehr, noch weniger Sex, ödes Geschwafel, die Drogen sind zu teuer. Ja, worauf soll man sich da noch freuen.

"Nowhere" ist mit 82 Minuten von erträglicher Länge. Eine Viertelstunde früher als bei "Event Horizon" kann man in die Kneipe gehen und gemeinsam darüber grübeln, was man gerade an sich selber nicht verstanden hat.

"Event Horizon". USA 1997. R: Paul Anderson, D: Lawrence Fishburne, Sam Neill, Kathleen Quinlan, Joely Richardson Start: 15. Januar "Nowhere". USA 1997. R: Gregg Araki, D: James Duval, Rachel True, Nathan Bexton, Chiara Mastroiani, Debi Mazar. Start: 8. Januar