Schlammschlacht im Colorado

In Paraguay versuchen Präsident Wasmosy und Parteichef Argana, Ex-General Oviedos Präsidentschaftskandidatur zu verhindern

Vier Monate vor den Wahlen in Paraguay hat der Machtkampf im Partito Colorado derart groteske Formen angenommen, daß sich die Opposition erstmals seit Jahrzehnten berechtigte Hoffnungen auf einen Regierungswechsel machen kann. Innerhalb der Colorado-Partei ist keine Einigung auf einen Präsidentschaftskandidaten in Sicht. Zwar hatte der Ex-General Lino Oviedo, der über Unterstützung im Militär und bei der Landbevölkerung verfügt, bereits im September die parteiinternen Ausscheidungswahlen knapp für sich entschieden, die Parteiführung weigert sich allerdings bis heute, ihn offiziell bei den Wahlbehörden anzumelden.

Verantwortlich für diesen Boykott sind die beiden Parteiflügel, die neben der von Oviedo gegründeten UNACE-Fraktion in der Colorado-Partei den Ton angeben. Dem einen Flügel steht der amtierende Präsident Carlos Wasmosy vor - ein milliardenschwerer Bau- und Plantagenunternehmer, der laut einer argentinischen Studie an jedem öffentlichen Auftrag in Paraguay mitverdient -, dem andern Parteivorsitzender Luis Maria Argana, der in der parteiinternen Ausscheidung nur knapp von Oviedo geschlagen wurde. Argana, der als Mann der Parteibürokratie gilt und altgedienter Gefolgsmann des Diktators Alfredo Stroessner ist, versucht, Oviedo seither mit allerlei juristischen Finessen auszubooten.

Zur Seite steht ihm dabei Präsident Wasmosy, mit dem es sich Oviedo nach und nach verscherzt hat. Zunächst war Oviedo, protegiert von Wasmosy und begünstigt durch seine Beteiligung am Putsch gegen Stroessner 1989 - er war es, der den Diktator mit einer scharfen Granate in der Hand vom Rücktritt überzeugt hatte -, in der Militärhierarchie vom Oberst zum General aufgestiegen. Noch 1993 griff er Wasmosy bei der parteiinternen Aufstellung der Präsidentschaftskandidaten unter die Arme. Seither hat er jedoch kaum eine Chance ausgelassen, um seine eigene Kandidatur für das Präsidentenamt vorzubereiten. An den notwendigen Mitteln für den Wahlkampf fehlt es Oviedo jedenfalls nicht. Über verschiedene Militärbetriebe ist er in Produktpiraterie verwickelt, angeblich soll er am Drogenschmuggel mitverdienen.

Allerdings hat er wegen "Gefährdung der Staatssicherheit durch Rebellion" die Justiz auf dem Hals. Oviedo wird beschuldigt, sich im April 1996 seiner Pensionierung durch Präsident Wasmosy widersetzt und einen Putsch angezettelt zu haben. Nachdem der Prozeß erstinstanzlich nach einem umstrittenen Verlauf zum Freispruch führte, droht nun die nächste Instanz. Ermittelt wird gegen den Ex-General wegen Schmuggels von Giftmüll sowie im Rahmen einer Betrugs- und Korruptionsaffäre innerhalb der Armee.

Derzeit sitzt er eine 30tägige Arreststrafe ab, die ihm Präsident Wasmosy höchstpersönlich in seiner Funktion als Oberkommandierender der Streitkräfte aufgebrummt hat - wegen fortgesetzter Beleidigung des Staatspräsidenten unter Verletzung der militärischen Loyalitätspflicht. In den vergangenen Monaten hatte Oviedo die Regierungsweise Wasmosys in harschen Worten angegriffen und ihn in Anspielung auf die alltägliche Korruption im politischen Establishment als "Dieb" und "Feigling" tituliert.

Die Opposition könnte sich also die Hände reiben. Die in der Demokratischen Allianz zusammengeschlossene Partido Liberal Radical Auténtico (PRLA) sowie der sozialdemokratisch ausgerichtete Encuentro Nacional (PEN) verfügen über ein recht populäres Gespann: Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im Mai ist der langjährige Chef der Liberalen, Domingo La'no, der bereits gegen die Diktatur Stroessners opponierte. Ihm zur Seite steht als Kandidat für das Vizepräsidentenamt Carlos Filizzola, der als ehemaliger Bürgermeister von Asunci-n einige Sympathien in der Bevölkerung genießt. Allein, dem Duo La'no/Filizzola fehlt bislang ein Wahlprogramm. Zwar haben sich beide Parteien darauf geeinigt, bei der Erstellung eines Regierungsprogramms zusammenzuarbeiten. Davor müßten die Wahlen allerdings erstmal gewonnen werden.