Politik mit Knöllchen

Das Berliner Verwaltungsgericht verbietet dem Asta der Freien Universität allgemeinpolitische Äußerungen

Bis zu 500 000 Mark Ordnungsgeld drohen dem Allgemeinen Studierendenausschuß (Asta) der Freien Universität Berlin (FU), wenn er sich weiterhin allgemeinpolitisch äußert. Das beschloß das Verwaltungsgericht Berlin vergangene Woche in einer Einstweiligen Verfügung. Bis zur Hauptsache-Entscheidung über eine Klage gegen den linken Asta, mit der frühestens in einigen Monaten gerechnet wird, haftet dessen Vorsitzende persönlich dafür, daß die Studierendenvertretung keine Erklärungen, Forderungen oder Stellungnahmen abgibt, die über den Rahmen der Hochschule hinausgehen.

Das Verfahren gegen den FU-Asta ist Teil einer seit 1994 laufenden Klagewelle gegen linke Asten. Diese Klagen kämen, so der FU-Asta, "durchweg aus dem konservativen bis rechtskonservativen und korporatistischen Lager". In vielen Fällen hatten sie Erfolg. In Münster wertete das Oberverwaltungsgericht im April 1997 selbst eine Auseinandersetzung mit Studieninhalten als verbotene politische Betätigung. Anlaß war eine Veranstaltungsreihe der Fachschaft Geschichte mit Zeitzeugen des NS-Regimes, eingeladen war unter anderem der ehemalige KZ-Häftling Emil Carlebach.

Im Sommer letzten Jahres wurden Mitglieder des Potsdamer Studierendenrat (StuRa) wegen Unterstützung der Proteste gegen die Castortransporte zu Ordnungsgeldern verurteilt. Der Asta Gießen wurde im September 1997 zu einem Ordnungsgeld von 10 000 Mark verurteilt, weil er die Fahrt zweier Studierender zu den Weltjugendfestspielen in Kuba finanziert hatte. Zuletzt untersagte das Oberverwaltungsgericht Bremen mit einem Eilentscheid im Januar 1998 dem Asta, sich in Zukunft politisch über das spezifisch Hochschulbezogene hinaus zu äußern.

Der Gerichtsentscheid gegen den Berliner Asta ist vor allem deshalb bedeutsam, weil das Berliner Hochschulgesetz eine im bundesweiten Vergleich sehr weitgehende politischen Betätigung erlaubt: "Die Studentenschaft hat die Belange der Studentinnen und Studenten in Hochschule und Gesellschaft wahrzunehmen." Weiter heißt es in dem von der damaligen rot-grünen Mehrheit beschlossenen Gesetz, "in diesem Sinne" nehme die Studierendenvertretung "im Namen ihrer Mitglieder ein politisches Mandat wahr".

Zehn Studierende, darunter die zwei Vertreter des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) im Studierendenparlament, hatten im November 1997 die Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Ihre Argumentation: Durch die politischen Aktivitäten des Asta würden sie erheblich in ihrem Grundrecht auf Organisationsfreiheit verletzt. Durch das allgemeinpolitische Mandat werde das Verbot eines staatlichen Organisationszwangs verletzt. Eine politische Betätigung, die "nicht unmittelbar auf den Bereich der Hochschule und die spezifischen Interessen" der Studierenden begrenzt ist, sei "verfassungswidrig" und verletze den individuellen Freiheitsbereich der Mitglieder. Die Grenze sei dort überschritten, wo ein sachlicher Bezug zur Hochschulpolitik "weder erkennbar noch beabsichtigt" sei. Das Gericht folgte im wesentlichen dieser Argumentation und hebelte damit die Bestimmungen aus dem Berliner Hochschulgesetz aus. Die KlägerInnen hatten zahlreiche Artikel aus der Zeitschrift Neues Dahlem, die vom Asta herausgegeben wird, eingereicht. Bei den meisten Texten konnte das Gericht "keinen Hochschulbezug" erkennen. Die bemängelten Artikel behandeln Themen wie Antifaschismus, Anti-AKW-Bewegung und Antimilitarismus.

Ein Trost bleibt dem Asta. Das Gericht folgte den KlägerInnen nicht in der Ansicht, auch ein Aufruf zur Demo "Ohne Hunni in die Uni" gegen die Einschreibegebühr von 100 Mark habe keinen unmittelbaren Hochschulbezug.