Italien und seine Parteien

Alles neu, alles ex

Francesco Cossiga war wieder einmal der letzte. Der 67jährige, Ex-Staatspräsident und Ex-Parteifunktionär der Democrazia Cristiana (DC), hat Mitte vergangener Woche eine neue Zentrumspartei gegründet. Seine Unione democratica per la repubblica (UDR) soll sowohl "eine Alternative zur Linken sein, die aber auch zur Rechten auf Distanz steht". Gelte es doch, der "Unfähigkeit der Opposition, der Ulivo-Regierung etwas entgegenzusetzen", etwas entgegenzusetzen.

War Cossiga bis 1994 noch bekennender Freund von Silvio Berlusconi und der Zusammenarbeit mit den Neofaschisten des Alleanza Nazionale nicht abgeneigt, soll seine UDR nun den rechts der Mitte angesiedelten Parteien Konkurrenz machen. Der oppositionellen Forza Italia und den ebenfalls im Polo della libertˆ befindlichen Splitterparteien CDU und CCD (beide aus der DC hervorgegangen). Doch nicht nur um Wählerstimmen geht es. Die Christdemokraten der CDU haben bereits angekündigt, der UDR geschlossen beitreten zu wollen, die CCD-Christsozialen spalten sich in der Mitte. Die Hälfte mag weiter im Polo opponieren, der Rest - einschließlich Parteipräsident - läuft zu Cossiga über. Dazu kommen noch einige Rechtsliberale, so daß die UDR - ohne Wahl - im Senat auf 15 und im Abgeordnetenhaus auf rund 30 Parlamentarier kommt. Aus dem bislang mitregierenden Partito Populare (PP), der den rechten Flügel des regierenden Ulivo-Bündnisses stellt, sollen weitere Abgeordnete gewonnen werden.

Aber dort, wo Cossiga hin will, zur Mitte (=Masse=Macht), herrscht bereits große Enge: Bereits vor zwei Wochen hatten andere Fossile der italienischen Politik angekündigt, "die Mitte stärken" zu wollen. Eine Gruppe um Enrico Boselli - Ex-Parteifunktionär des Partito Socialista Italiano (PSI) - und eine andere um Ugo Intini (Ex-Sprecher von Bettino Craxi) gründeten zusammen mit einem der letzten PSI-Kader die Socialisti Democratici Italiani (SDI). Die SDIler sehen sich als demokratische Sozialisten dem Zentrum verbunden, dem des Regierungsbündnisses Ulivo.

Auch zur Mitte, diesmal des links-liberalen Zentrums, wollten nur wenige Tage später die sogenannten "Generalstände" der parlamentarischen Linken. Der Ex-Kommunist und derzeitige Parteichef des PDS, Massimo D'Alema, hatte gerufen, um Italiens neue Links-bis-Mitte-Partei zu gründen: Democratici di Sinistra (Linksdemokraten) - Partito Socialista Europeo. Mit Bindestrich. Aber ohne - die noch den Stamm der PDS-Wappen-Eiche zierenden - Hammer und Sichel. Die sind jetzt auch ex. Dafür gibt es die DS-PSE mit Rose. Ganz europäische Sozialdemokratie. Attraktiv für viele sollte sie sein: Bekehrte Kommunisten, den linken Flügel der ehemaligen Christdemokraten, frühere Mafia-Jäger von La Rete, Ex-Grüne, Ex-Republikaner und -Liberale, aber auch Ex-Linke Jungmanager und junge Ex-Manager, die heute links sein wollen. Mitte-Links. So wie die deutsche Sozialdemokratie, aber moderner. Ganz wie das Vorbild New Labour, nur "um einiges europäischer" (D'Alema). Oder direkt nach dem Maß von "Bill's Democratic Party", so die Vorstellung von Vizepremier Walter Veltroni, der im Vorfeld der "Generalstände" lieber noch weiter zur Mitte orientierte. Am Ende der Stände ist nicht mehr daraus geworden als eine neue, unbedeutende Bindestrichpartei, die von allen Seiten unterwandert und von innen bekämpft wird.

Francesco Cossiga scheint selbst das nicht mitbekommen zu haben.