Schriftsteller lebt in Bonn

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Ich war solo in der Studentenbude. Nein, das stimmt nicht, ich war bei meiner Mutter zu Besuch. Wir schauten uns das Spiel mit distanziertem Amüsement gemeinsam an, denn, und das war viel wichtiger, vor- und hinterher spielte ich mit ihr und einer Tante Skat. Meine Mutter war die listigste Skatspielerin, mit der ich je zu tun hatte, es war immer wieder überraschend, was sie aus Blättern machte, und ich habe danach selten jemanden getroffen, der ebenso ausgezeichnet tückisch spielte wie sie. Wenn wir Skat spielten, war alles andere Garnitur, selbst dieses Fußballspiel.

Für mich ging es dabei sowieso nicht darum, wer dieses Zusammentreffen gewinnen würde, allenfalls um die Frage Overath oder Netzer und "hoffentlich kriegen die arroganten Jungs mal einen auf den Deckel"; deswegen war ich sehr zufrieden, als Sparwasser den Treffer erzielte. Denn der bedeutete auch, daß Netzer nicht mehr aufgestellt werden würde - Netzer hatte tolle Momente in der Liga, aber Overath war meiner Meinung nach in der Nationalmannschaft einfach präsenter. Ein richtiger Fußball-Fan bin ich nicht, ich schaue mir gerne gute Spiele an, wenn es welche gibt, aber grundsätzlich interessiert mich eher die Ästhetik des brasilianischen Fußballs. Wenn etwas Größeres, wie z.B. eine Weltmeisterschaft, läuft, dann bin ich natürlich dabei.