Rettet die Mousepads!

Jungs, Mode, Kosmetik, Unterwäsche, Sex und "Peinlich, peinlich": Die neue Mädchen-Zeitschrift Sugar

Eigentlich sind Mädchen-Zeitungen nichts anderes als Wäschekataloge mit redaktionellem Teil. Der ist von Blatt zu Blatt recht unterschiedlich, während z.B. in Mädchen hauptsächlich Jungs, Mode und vom Schlachter bedrohte Pferde, die es zu retten gilt, vorkommen, dreht sich bei Bravo-Girl alles eher um Jungs, Mode und Stars. Zwischendurch gibt es in allen Girlie-Illustrierten ein paar Tests, irgendein Geschenk wie "Romantik-Cards", Fußkettchen oder was immer sonst ein paar Pfennig kostet und sich gut als Give away macht,dazu Leserbriefe, Ratgeber und fertig ist das Heft.

Das ist einfach, damit läßt sich viel Geld verdienen und deswegen hat sich der Münchener atticfutura-Verlag, bisher durch die Herausgabe von Blättern wie HiT!, HiT! Poster Collection, Superstar Collection und Star Talk eher überhaupt nicht aufgefallen, entschlossen, Sugar auf den Markt zu bringen. Sugar ist eine Lizenzausgabe des britischen Originals und das "neue Magazin für Girls!", in dem so ziemlich das drinsteht, was überall anders auch drinsteht und weswegen die monatliche Publikation wohl auch ein voller Erfolg wird.

In Sugar kommen vor: Jungs, Mode, Kosmetik, Unterwäsche, Sex, Leserfragen, Horoskop, Schönheitstips, Stars und ganz was Neues, die Rubrik "peinlich, peinlich". In der Erstausgabe macht "die Sugar-Crew" den Anfang "mit ihren peinlichsten Stories ...", die mittels einer nach oben geschlossenen Tomaten-Skala bewertet werden (eine: Unfälle passieren nun mal, vier: Alles zu spät: Verlaß sofort das Land!). Der Sugar-Crew, die sich vier Seiten zuvor schon mit unglaublich witzigen Fotos und kessen Sprüchen vorgestellt hatte, sind wirklich schon unglaublich peinliche Sachen passiert.

Angie, Grafikdesignerin, zog einmal in einer Disko fünf Meter Klopapier hinter sich her auf die Tanzfläche, die sie aus Versehen in ihrer Strumpfhose "eingeklemmt hatte" (vier Tomaten), Carola von der Modeleitung fing einmal einen Brautstrauß auf, ohne zu bemerken, daß er vorher in "Hundedreck" gefallen war und beschmierte sich ihr schönstes Kleid (drei Tomaten), Redakeurin Caro drückte ihrem Schwarm einmal anstelle eines Labello einen Tampon in die Hand (drei Tomaten) und Redakteur Dominik rutschte beim Skifahren die Hose bis auf die Knie (zwei Tomaten).

Auf diesen, wie auch auf den Ratgeberseiten, werden die Leserinnen im Mittelpunkt stehen. Anderswo im Heft kommen Mädchen nur am Rande vor. Z.B. bei der Präsentation des neuen Sportlooks. Sport scheint für Sugar eher ein Jungs-Ding zu sein, denn während die Taschen schleppen, Bälle oder Mädchen im Arm halten oder Bocchia spielen, hüpfen die Mädchen über die Stadiontribüne, schaukeln oder stehen einfach nur herum.

Selbstverständlich perfekt geschminkt, was aber ins Auge gehen kann, wenn man allzusehr auf die Sugar-Tips vertraut: "Sugar liebt... pinken Lippenstift", verkündet ein kleiner Kasten auf der "Body&Soul"-Seite, in dem gleich vier entsprechende Malstifte getestet werden, dabei handelt es sich bei Pink um eine Farbe, die keine Frau über dreizehn mehr als einmal aufträgt, denn entweder sieht man damit aus wie schwer herzkrank oder bekommt an einem einzigen durchschnittlichen Nachmittag soviele eindeutige Angebote, daß eine regelrechte Bauarbeiter-Phobie die Folge sein könnte.

So kann das halt gehen, wenn plötzlich richtig echte Jungs im Leben auftauchen. "Mmmmh - ziemlich lecker", kündigt Sugar die Rubrik "Boywatch - Her mit den Jungs!" an, in der zufällig auf der Straße ausgewählten Jungs eine Frage gestellt wird und die irgendwas antworten müssen. Das ist recht langweilig, denn was soll Mann auf die Frage, ob er es gut fände, wenn Mädchen die Initiative ergriffen, auch schon groß sagen?

Da ist die Sache mit den Poster-Boys schon viel interessanter. Die sehen nur aus, müssen nichts reden, sondern bloß herumsitzen, -stehen oder -liegen und dabei lächeln, verträumt gucken, lustige Dinge tun und sind insgesamt viel besser drauf als die Jungs, die überall in echt herumlaufen.

Die könnte man sich nun theoretisch schöndrogen (Alkohol hat Sugar wegen der katastrophalen Folgen für Haut und Figur verboten), aber das darf man auch nicht. Denn was dabei rauskommen kann, beschreibt die Reportage über Stefanie, 16, Köln, die "Mit Ecstasy durch die Hölle" ging oder tanzte oder was auch immer. Mike, ihr großer Schwarm, fand es plötzlich total blöd", daß sie E genommen hatte, sagte "Coole Mädchen haben das doch gar nicht nötig", obwohl er doch der Stefanie die erste Pille geschenkt hatte. Aber dann gingen beide dann doch miteinander, schmissen unentwegt Pillen und alles war wunderschön. Bis Mike plötzlich auf H war, aber das bekamen die beiden durch eine gemeinsame Spanienreise und einen wunderschönen Sonnenuntergang in den Griff.

Aber auch sonst ist Ecstasy scheiße, wie die Sugar-Ratgeber-Crew erklärt: "Vielleicht hatten Deine Freunde mit Ecstasy Spaß, aber für Außenstehende sahen sie vermutlich wie totale Idioten aus."

Das will niemand, weswegen Frau sich auch lieber um andere Dinge kümmert: In "erde & umwelt" ist alles drin, "was Du tun kannst, um die Erde zu retten". Leoparden-Patenschaften übernehmen, etwa, oder ein Weltretter-Mousepad kaufen, oder als Freiwillige in Chile auf Pinguine aufpassen.