Der Streit um die Ökosteuer

Ghostwriter-Sharing Was ist Ihnen lieber?

a. "Eine ökologische Reform des Steuer- und Finanzsystems (...) muß beschäftigungsfördernd die Besteuerung und andere finanzielle Belastungen von Arbeit verringern und zugleich die Besteuerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und der Naturbelastung erhöhen."

b. "Unser Steuer- und Abgabensystem macht gerade das besonders teuer, wovon wir gegenwärtig im Überfluß haben: Arbeit. Dagegen ist das, woran wir sparen müssen, eher zu billig zu haben: Energie- und Rohstoffeinsatz. Dieses Ungleichgewicht müssen wir wieder stärker ins Lot bringen."

c. "Einführung einer Energiesteuer zur Senkung der Lohnnebenkosten."

d. "Erstens: Entlastung des Produktionsfaktors Arbeit. Zweitens: Im Gegenzug eine maßvolle und berechenbare Belastung des umweltschädlichen Energieverbrauchs."

Sie können sich gar nicht entscheiden? Klingt alles irgendwie gleich, finden Sie? Kein Wunder, alle vier Zitate stammen vom gleichen Autor, der selbstverständlich anonym bleiben will. Lediglich die Auftraggeber unterscheiden sich: Den ersten Text hat der Auftragschreiber für die PDS verfaßt, den zweiten für die CDU, den Dritten für die Grünen und den letzten für die SPD.

Offenbar hat der Ghostwriter keine der vier Parteien davon informiert, daß er auch an den Programmen der jeweils anderen beteiligt war. Denn wie sonst wäre zu erklären, daß ausgerechnet die Ökologische Steuerreform zum Bestseller in den Parteistreit-Listen dieses Frühlings aufgestiegen ist? Daß ein jeder am anderen mangelnde Qualität kritisiert, während der einzige Vorwurf, der allen zu machen ist, der des Plagiats ist?

Wolfgang Schäuble hat die Schuldigen für die fatale Situation bereits gefunden: Der "Unfug der Grünen" beim Benzinpreis sei schuld daran, daß jetzt "kein Mensch mehr vernünftig argumentieren" könne. Das CDU-Konzept dagegen sei "maßvoll". Die Grünen hatten bekanntlich einen Benzinpreis von fünf Mark im Jahr 2008 in die Diskussion gebracht; im Internet verbreiten sie jetzt eine Formel, nach der man auf etwa 4,80 Mark kommt. Schäuble selbst hatte die Zahl von 4,60 Mark genannt.

Ohne Zahlen kommt dagegen die SPD aus. Mit Hilfe dieses Tricks wollen die Sozialdemokraten mindestens bis zum Programmparteitag in Leipzig Mitte April die einzige Partei im Bundestag sein, die nicht um die Energiesteuer streitet. "Maßvoll und berechenbar" soll die "Belastung des umweltschädlichen Energieverbrauchs" sein, heißt es im SPD-Programm. Wir erwarten die Enthüllung, daß das die Umschreibung für einen Benzinpreis von ca. 4,55 Mark ist.

Und die BMW-Fahrer-Partei CSU? Die müßte doch zumindest für billigen Sprit zu haben sein?

Ist sie auch. Leute wie der Umweltpolitiker Josef Göppel, der Schäuble zur Seite gesprungen ist, haben nichts mehr zu melden, wenn erst so sprechende Namen wie der des Generalsekretärs Bernd Protzner oder des Verkehrspolitikers Adolf Dinglreiter ins Spiel kommen.

Vielleicht sollten Sie also nach Bayern ziehen, wenn Sie Ihr Altauto noch möglichst lange fahren wollen. Nur dort hätten Sie die Möglichkeit, eine Partei zu wählen, die sich dafür einsetzt, daß Sie sich das auch künftig noch leisten können.

800 Mark für einen Katalysator sollten Sie aber schon übrig haben. Sonst wird Ihre Mühle laut CSU-Beschluß am 2. Januar 2000 verschrottet.