Wehrsportgruppe Frey

Seit 1971 versucht die DVU, die politischen Kräfte rechts der CDU zu sammeln

"Die DVU ist keine Partei. Sie will alle verfassungstreuen Kräfte von der Mitte bis rechts zusammenführen." So charakterisierte der Deutsche Anzeiger im Febuar 1971 den einige Wochen zuvor gegründeten Verein Deutsche Volksunion e.V. (DVU). Als Sammelbecken nationalkonservativer und rechter Kreise sollte dieser nach dem Willen seiner Begründer die CDU / CSU unter Druck setzen, "um diese Parteien auf einen rechten Kurs festzulegen". Dafür hatten sie sich am 16. Januar 1971 in München der Verlagsleiter der Nationalzeitung und CSU-Vertriebenenfunktionär Emmerich Giel, der baden-württembergische CDU-Ortsvorsitzende Werner Nowak, der NS-Schriftsteller Wilhelm Pleyer, der frühere Waffen-SS-Obersturmführer und ehemalige NPD-Abgeordnete Walter Brandner und einige andere zusammengefunden. Vorsitzender des sich am Vorabend des 100. Jahrestages der Bismarckschen Reichsgründung konstituierenden Vereins wurde der damals 37 Jahre alte Verleger Gerhard Frey, der das Amt bis heute innehat.

Neben der DVU entstanden zu Beginn der siebziger Jahre in der BRD diverse rechtsextreme Organisationen und Grüppchen, so die Aktion Neue Rechte oder die Deutsche Bürgerinitiative des Rechtsterroristen Manfred Roeder. Das lag zum einen am raschen Abstieg der bei der Bundestagswahl 1969 mit 4,3 Prozent (1,5 Millionen Stimmen) knapp gescheiterten Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), die bei der Bundestagswahl 1972 nur noch 200 000 Stimmen ergatterte. Ihre WählerInnen waren größtenteils zur CDU / CSU gewechselt. Auch das damalige politische und gesellschaftliche Klima trug zu den zahlreichen Neugründungen und Wiederbelebungen faschistischer Organisationen bei. Insbesondere die liberalere "Ostpolitik" nutzte Freys Verein sofort und organisierte im April 1971 einen "Marsch auf Bonn". Etwa 5 000 Menschen ließen sich unter den Parolen "Kampf dem Verrat" und "Abrechnung mit Brandt" mobilisieren .

Ging es der DVU bis Mitte der achtziger Jahre vorrangig darum, Kräfte aus dem rechten Lager zu sammeln und sich peinliche Wahlniederlagen zu ersparen, änderte sich diese Taktik 1987. Am 5. März gründete sich in München die Partei Deutsche Volksunion - Liste D. Bundesvorsitzender blieb weiterhin Gerhard Frey. Die in der Liste D (Deutschland) zusammengeschlossenen DVU und NPD strebten Mandate in Landes- und Bundesparlamenten an. Nach einem finanzaufwendigen und massiv mit Flugblättern, Hauswurfsendungen, Plakaten, den Freyschen Medien und sogar mit über der Stadt kreisenden Flugzeugen geführten Wahlkampf zog in Bremen 1987 mit dem parteilosen Hans Altermann zum ersten Mal seit den sechziger Jahren wieder ein Abgeordneter einer Nazipartei in ein Landesparlament ein.

Bei der Wahl zum Europaparlament im Juni 1989 scheiterte die Liste D allerdings an den Republikanern (Rep).Nur 1,6 Prozent der Stimmen brachte der etwa 1,8 Millionen Mark teure Wahlkampf der DVU ein, die Reps erreichten hingegen 7,1 Prozent. Nachdem im Februar 1991 das Wahlbündnis von NPD und DVU auseinandergebrochen war, erhielt die DVU bei der Bremer Bürgerschaftswahl im Herbst 1991 6,2 Prozent und konnte somit erstmals eine eigene Fraktion bilden. Rund ein halbes Jahr später zog die DVU im April 1992 mit 6,3 Prozent in das Landesparlament Schleswig-Holstein ein. Auf öffentliche Kundgebungen, Demonstrationen oder Wahlveranstaltungen verzichtete die DVU jedoch meistens aus Angst vor GegendemonstrantInnen.

Statt dessen ließen und lassen sich für die DVU-Hetzpropaganda immer noch am besten die parteieigenen Wochenzeitungen Deutsche National Zeitung sowie die Deutsche Wochen-Zeitung nutzen. Beide Blätter, deren Gesamtauflage wöchentlich auf etwa 100 000 Stück geschätzt wird, erscheinen im Verlag des Parteivorsitzenden und hauptsächlichen Finanziers der DVU, Gerhard Frey. Multimillionär Frey hat seit dem Ende der sechziger Jahre den größten faschistischen Pressekonzern in der BRD aufgebaut. Von dem Familienbetrieb werden auch revisionistische und militaristische Bücher über Beginn und Verlauf des Zweiten Weltkriegs sowie diffamierende und antisemitische "Personenlexika" - beispielsweise das Buch "Wer ist wer im Judentum?" - verlegt.

Von der militanten Nazibewegung grenzt sich die DVU öffentlich strikt ab. Mehrere Unvereinbarkeitsbeschlüsse wurden bisher verabschiedet, so gegenüber Skinheadgruppierungen. Auf dem DVU-Bundesparteitag 1992 wurden Doppelmitgliedschaften für verschiedene militante Organisationen wie FAP, NF, NL, NO oder GdNF für unzulässig erklärt. Die DVU hielt jedoch von Beginn an enge Kontakte zu militanten Nazis. Gerhard Frey gehörte als finanzieller Unterstützer zum Freundeskreis der terroristischen Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG Hoffmann). 1976 beglich er für Hoffmann sogar eine Geldstrafe in Höhe von 8 000 Mark. Als Gegenleistung knüppelte die WSG Hoffmann GegendemonstrantInnen bei DVU-Versammlungen aus dem Weg, 1977 in Hamburg sogar mehrere ins Krankenhaus. DVU-Schutz leisteten später auch die Wiking-Jugend oder Michael Kühnens Aktionsfront Nationaler Aktivisten.

Als sich am 3. Oktober 1991 der sächsische Landesverband der DVU gründete, überfielen im Anschluß 80 Skinheads ein MigrantInnenheim in Meißen. DVU-Mitglieder riefen im August 1992 außerdem zu einer Kundgebung vor der Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Rostock-Lichtenhagen auf, aus der sich ein drei Tage dauerndes Pogrom entwickelte und stellten die Logistik für die Kundgebung bereit. Auch einer der mutmaßlichen Mörder von Solingen, wo 1993 durch einen Brandanschlag fünf türkische Frauen und Mädchen umgebracht wurden, war DVU-Mitglied.