Populärer Positivismus

Sie können Marcuse einfach nicht verknusen: Je näher der 100. Geburtstag des kritischen Theoretikers rückt, umso abenteuerlich werden die Behauptungen, die das Feuilleton über ihn in Umlauf setzt. Nachdem die Woche ihn aus dem Exil nach Frankfurt/Main zurückholte, um ihn dort "Brutstätten des Terrors" begründen zu lassen (Jungle World, Nr. 19/98), legt nun Spiegel-Zeitgeistler Reinhard Mohr nach: Er will Herbert Marcuse nicht als einen Superterroristen, sondern als einen Supertrottel sehen, der dem glaubte, "was er zu hoffen meinte. Utopie statt Augenschein, Träumerei statt Analyse." Marcuse sei eben der "populäre Positivist unter den heroischen Negativisten" gewesen. Nanu, der alte Heideggermarxist, ein Positivist? Darauf ist nun wirklich noch niemand gekommen. Oder könnte es sein, daß der Spiegel-Philosoph Positivismus mit Positivem Denken verwechselt? Damit verwirken andere ihre Zulassung zum Grundstudium, beim Spiegel berechtigt derlei zu seitenlangen Essays.