Die linke Zeitschrift Arranca! zum Thema Repression

Fit for Future

Was hat Fitness eigentlich mit Repression zu tun? Nichts? Stimmt nicht, die linke Zeitschrift Arranca! weiß es besser: Die postfordistische Industriegesellschaft ist von einer "Ideologie des fitten Körpers" dominiert, propagiert von "Medien, Werbewirtschaft und Filmindustrie" - insbesondere vom weltbeherrschenden Hollywood natürlich. Wer sonst könnte anderes dahinterstecken als "das Kapital".

"Die individuelle sportliche Abrichtung der Menschen", weiß das Blatt, das sich vor knapp zwei Jahren mit einer "Sexualitäts"-Ausgabe noch selbst dem Publicity-Effekt von Körperlichkeit bediente und sich dafür von Feministinnen heftige Kritik einfing, sei "Teil der wettbewerblichen Positionierung ihres Humankapitals". Die Fitnessindustrie kann von Arranca! entsprechend nicht als Mittel zur Profitmaximierung gesehen werden, sondern wird zum "eigens zur optimalen Körperabrichtung entwickelten Wirtschaftszweig" erklärt.

Deshalb ist Fitness natürlich unheimlich repressiv und gemein. Daß durchtrainierte stählerne Männerkörper und einem Schlankheitsideal nacheifernde Frauen auch irgend etwas mit einem bestimmten Geschlechterbild zu tun haben könnten, verschwindet als subtiler Nebenwiderspruch zwischen den Zeilen genauso wie die Bedeutung von Kraft und Wehrertüchtigung schon im vergangenen Jahrhundert. Schade eigentlich, formuliert doch die Gruppe FelS (Für eine linke Strömung), deren Organ die Arranca! ist, eine Kritik am selbstbezogenen Repressionsbegriff der Linken, denen es gewöhnlich mehr um einen Beweis der eigenen politischen Bedeutung geht als um eine analytische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnissen.

"Wer kennt beispielsweise nicht die fieberhafte Suche nach der eigenen Gruppe im neuesten Verfassungsschutzbericht", fragt die Zeitschrift aus eigener Erfahrung, um sodann die traditionelle linke Legende von der eigenen Wichtigkeit durch staatliche Aufmerksamkeit zu entmystifizieren und zu widerlegen. Behördliche Strafverfolgungen resultieren nämlich keineswegs aus einem von KPD über RAF bis zu den Autonomen imaginierten Widerspruch zwischen Gesellschaft und Staat - wobei sich die ach-so-gefährlichen Revolutionäre als Vorkämpfer der Gesellschaft verstanden und ihren hübschen kleinen Privatkrieg gegen den Apparat inszenierten -, sondern sind nach FelS "derzeit in erster Linie Instanzen rassistischer Unterdrückung, und was Flüchtlinge an Polizeiterror und Behördenwillkür zu erdulden haben, übersteigt den deutschlinken Erfahrungshorizont bei weitem".

Rassistische Ausgrenzung findet in dem Repressions-Schwerpunktheft der Arranca! daher ausdrücklich Erwähnung. Staat und Parteien mutieren dabei allerdings erneut zu den eigentlichen Hauptakteuren, während vom "nationalen, rassistischen Konsens" nur nebenbei die Rede ist.

Flüchtlinge, Hausfrauen und Erwerbslose sind nicht die Basis von FelS. Denn in einem Diskussionspapier zum "europäischen Kampf gegen das Kapital" geht es zunächst erstmal um die Forderung nach 1 500 Mark Existenzgeld. Daß dies in anderen Ländern kaum Gesprächsthema ist und auch wieder ein prima Ausgrenzungsmechanismus wäre, ist zunächst egal. Hauptsache, am Ende bleibt ein romantisch-sozialrevolutionärer Hoffnungsfunke auf "einen breiten linken Widerstand von unten gegen alles Böse".