Millionen für Se. Durchlaucht

Kohl löst sein Versprechen ein: Die Bismarck-Stiftung wurde als fünfte Bundesstiftung eingeweiht

Das Bismarck-Jubiläumsjahr hat begonnen. Pünktlich zum hundertsten Todestag von Otto Fürst von Bismarck ließ der Hamburger Senat in St. Pauli das monumentalste Denkmal des Reichsgründers in Deutschland aufpolieren, und die von der Bundesregierung eingerichtete Bismarck-Stiftung führte am 13. Juli

in Reinbek ihre Eröffnungsfeier durch. Doch nicht alle Interessierten waren dabei der Geschäftsleitung der Bundesstiftung willkommen. Nur ein ausgewähltes Publikum durfte in Reinbek den Eröffnungsworten Gerhard Stoltenbergs, Manfred Kanthers und Henry Kissingers im Sachsenwaldforum lauschen.

"Wir sind da sehr vorsichtig geworden, nachdem immer wieder falsch über uns berichtet wird", begründete der Geschäftsführer Dr. Michael Epkenhans (SPD) diese Maßnahme. So wurden denn auch nur vermeintlich Wohlgesonnene eingeladen. Selbst den Parlamentarischen Innenausschuß des Bundestages, in dessen Ressort die Bundesstiftungen fallen, unterrichtete man lieber nicht. "Eine offizielle Einladung", bestätigte der Ausschußvorsitzende Willfried Penner (SPD), "ist mir nicht unter die Augen gekommen."

Am 5. Juni 1997 hatte die Bonner Koalitionsmehrheit dem Gesetz zur Umwandlung der Stiftung Otto-von-Bismarck in eine Stiftung des öffentlichen Rechts zugestimmt. Gegen alle Stimmen der Bonner Opposition beschloß sie die Einrichtung der fünften Bundesstiftung und stellte ihr jährlich eine Million Mark aus dem Bundesetat zur Verfügung. Der Schlußpunkt eines langgeplanten Vorhabens. Bereits vor zehn Jahren hatte Kanzler Helmut Kohl Fürst Ferdinand versprochen, eine Bundesstiftung für seinen Ahnen einzurichten.

1994 dann kaufte der Bund für eine halbe Million den Bahnhof Friedrichsruh bei Hamburg, wo die Stiftung ihren repräsentativen Sitz bekommen soll. Für die Instandsetzung des Bahnhofs nahe der Gruft des "Eisernen Kanzlers" sind vorläufig 7,5 Millionen Mark bereitgestellt worden. Die Familie Bismarck beteiligt sich nicht an den Kosten und stellt die Bismarck-Memorabilia plus Bibliothek und Archiv nur als Leihgabe zur Verfügung.

Was Epkenhaus als "falsche Berichte" fürchtet, sind vermutlich Einschätzungen der Stiftung, wie sie schon 1997 bei einer Bundestagsdebatte getroffen wurden. Uta Tietze-Stecher (SPD) erklärte damals, daß "Steuermittel für einen völlig überflüssigen Stiftungszweck ausgegeben werden", da Leben und Werk Bismarcks vollständig erforscht seien - außer man wolle seine Geschichte schönschreiben, um sich wieder auf ihn beziehen zu können. Ulla Jelpke (PDS) rügte, daß die Stiftung allein der "nationalen Sinnstiftung" dienen solle. Ferner wies Jelpke auf den "rechten Dunstkreis" des Fürsten hin, der im Vorstand der Stiftung sitzt.

Seit Jahren ist Fürst Ferdinand Schirmherr des Bismarckbundes, der 1981 von Rechtsextremisten, Revanchisten und Nationalkonservativen als "Vereinigung zur Wahrung deutschen Geschichtsbewußtseins" gegründet wurde, und der politisch dem Ostpreußenblatt nahesteht. In ihrer Satzung verpflichten sich die etwa 500 Mitglieder zur "Pflichterfüllung gegenüber Staat und Volk" und "betrachten es als eine Aufgabe, das preußisch-deutsche Erbe zu pflegen". Stellvertretender Vorsitzender war bis zu seinem Tod Hugo Wellems, ehemaliger Referent im NS-Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda und Herausgeber des Ostpreußenblatts. Ihm folgte im Amt Anfang der Neunziger der Europaabgeordnete der Reps, Emil Schlee.

Bei der Gründung des "Bundes" 1981 wurde Robert Jahn in den Vorstand gewählt, der noch 1977 an einem Treffen der illegalen NSDAP in Detmold teilgenommen hatte. Mit im Bunde war ebenso der Rechtsanwalt Fritz von Randow, Gründungsmitglied der DVU und von 1978 bis 1989 Stellvertreter Gerhard Freys, sowie bis zu seinem Tod 1995 Ehrenvorsitzender. Als Ehrung für erbrachte Treue und Taten empfangen aus den Händen des Fürsten immer wieder namhafte Rechtspopulisten und Rechtsextreme die Bismarckmedaille. Der Fürst, der sich von seinen Anhängern mit "Ihre Durchlaucht" anreden läßt, ehrte unter anderem den ehemaligen FAP- und Wiking-Jugend-Aktivisten Axel Zehnsdorf.

"Der Bismarckbund hat mit der Stiftung nichts zu tun", beschwichtigt regelmäßig Stiftungsboß Epkenhans. Doch zumindest der Bismarkbund ist da anderer Ansicht. "Wenn die offizielle Stiftung eingeweiht und gegründet ist, dann werden wir (uns; A.S.) enger anschließen und kooperieren", kündigte Schlee bereits an. Auch Fürst Ferdinand, der sowohl Schirmherr des Bismarckbundes als auch Vorstandsmitglied der Stiftung ist, wünscht sich ganz offen, daß der Bismarckbund an den künftigen Veranstaltungen der Stiftung teilhaben wird.

Ganz ohne Protest blieb die Stiftungseröffnung übrigens nicht: Während die über 700 geladenen Gäste im Sachsenwaldforum zum Abschluß der Gründungsfeier einer Rede Eduard Graf von Bismarcks lauschten, gab es Proteste von AntifaschistInnen gegen alten und neuen Militarismus und Autoritarismus - draußen vor den Toren des Festsaales, abgeschirmt von der Polizei.