Neues aus Deutschland

Das Neue Deutschland setzt den Kampf um Nation und Volk fort

Frank Schumann, Herausgeber von etwas, das sich "edition ost" nennt, sorgt sich um seine Heimat: "Als ich neulich aus Friedrichshagen (Ö) ins Zentrum fuhr, fühlte ich mich plötzlich fremd. Die aufgehübschten Bürgerhäuser, die postmodernen Büro- und Bankpaläste, die großflächigen Werbetafeln - alle uniform, alles auswechselbar. Das war nicht mehr meine Stadt, meine Heimat. Ob ich nun in Berlin, Boston oder Brisbane lebe - es macht keinen Unterschied." Leserdiskutant Gerd Walleiser denkt pointierter ostdeutsch. Seine Heimat ist jedenfalls nicht dort, wo Türken sind. Der Aufenthalt von Angehörigen befreundeter Staaten in der DDR "war mit den Heimatländern genau abgestimmt und zeitlich begrenzt. So konnte hier niemals wie etwa in Westberlin die zweitgrößte türkische Großstadt auf deutschem Boden entstehen. Die heutige Angst vor Überfremdung und die allgemeine Fremdenfeindlichkeit beruht eindeutig auf dieser falschen Arbeitskräfteanheuerung des Westberliner Senats und der gesamten Bonner BRD." Und Hans-Dieter Schütt, Theaterredakteur des Neuen Deutschland, will "Offenheit in der Frage grundlegender, auch extrem unvereinbarer Werte". Man dürfe einander nicht verfemen, d.h.: Die Diskussion mit der Neuen Rechten ist aufzunehmen. Wer das anders sieht und wie Angela Marquardt mit dem Neurechten und ND-Gastautoren vom 31. Juli, Roland Wehl, nicht in den Dialog treten wollte, bekommt ein dickes Schwarzbuch um die Ohren gehauen. Wer die Offenheit verweigere, trage bei "zum (neuerlichen) Absturz in jene Allianz von Tugend und Terror, die die Wahrheit zur Indoktrination verkommen läßt". So setzte das ND am 7. August seine Diskussion über Linke und die nationale Frage fort, und was die drei Burschen aus dem Umfeld einer sozialistischen Partei in einer ihr nahestehenden "sozialistischen Tageszeitung" verbreiten, hätte auch die Junge Freiheit nicht überzeugender darstellen können. Die Autoren folgten den Vorgaben einer Redaktion, die nicht etwa fragt: "Darf die Linke national sein?", sondern eben: "Wie national muß die Linke sein?" Man könnte versucht sein, Chefredakteur Oschmanns nationale Truppe für den Dreck allein verantwortlich zu machen - schließlich ist das ND eine von der PDS unabhängige Tageszeitung.

Das wäre jedoch nur die Fortsetzung jener linken Gesundbeterei, die häßliche Entgleisungen bei traditionalistischen Teilen der Mitgliederschaft und im populistischen ND von der angeblich fortschrittlichen Linie der Parteiführung und des Parteiprogramms zu unterscheiden können glaubt. Die Oberen der PDS, Lothar Bisky, Gregor Gysi und die Länderchefs der PDS, haben soeben einem Junker mit Wehrmachtsvergangenheit in einem Offenen Brief eilfertig versichert, sie seien fast von Anfang an für die Wiedervereinigung gewesen, fänden das Grundgesetz große Klasse und hätten erkannt, daß "marktwirtschaftliche Prinzipien zur sozialen Freiheit" beitrügen. Diese Erklärung haben sie um den originären Hinweis ergänzt, man müsse das "westliche Ideal der bürgerlichen Freiheiten (...) mit dem östlichen Ideal der sozialen Menschenrechte verbinden".

Wenn skrupellose Politabgreifer "östliche Ideale" hochleben lassen, dann wollen sie damit ihre nicht minder skrupellose Ostbasis bedienen - eine Basis, von der sie genau wissen, daß sie Ausländern weder soziale noch andere Rechte gewähren will. Mit den beschworenen östlichen Idealen kann nur gemeint sein: deutsche Arbeitsplätze, deutsche Rechte, deutsche Identität.

Das ND hat sich keine Rechtsabweichung zuschulden kommen lassen, wenn es östliche Identität als nunmehr gesamtdeutsche Neuauflage der DDR-Doktrin von der Einheit von Wirtschafts- und Sozialordnung begreift und sich das von irgendwelchen Schreibern bestätigen läßt. Die Beiträge in der jüngsten "Freitags-Debatte" des ND reichern lediglich die Linie der Partei mit den unvermeidlichen Zonenbefindlichkeiten an.

Eine sozialistische Partei, die als Heilmittel gegen die Globalisierung Staatsinterventionismus empfiehlt, muß die Standortgemeinschaft noch nachdrücklicher bedienen als die marktliberale Konkurrenz. Die restlos korrupte Mischung aus Mittelstandsförderung-Ost, der Warnung vor westlichen Spekulanten, die die angeblich produktive Basis der ostdeutschen Wirtschaft gefährdeten und den immer haltloseren Forderungen nach Osthilfe kommt um leutselige Loyalitätserklärungen ans wiedervereinigte Deutschland nicht herum. Wenn Frank Schumann schreibt, "als ich das erste Mal den Rhein von Köln nach Koblenz hinunterfuhr (...), begannen auch mir die Augen zu tropfen", nimmt er - lyrisch noch gesteigert - auf, was Hans Modrow im Januar 1990 vorgegeben hatte, als er sich zum einigen Vaterland bekannte, und was die Parteiführung soeben dem Weizsäcker noch einmal versichert hat.

Gerd Walleisers Einlassung, "trotz mancher Eiferer war die sowjetisisierte DDR bis zu ihrem Ende deutscher geblieben als die amerikanisierte BRD", bringt konsequent auf den braunen Punkt, was die Parteiführung mit der Gründung ostdeutscher Bürgerkomitees und zuletzt der Forderung nach einem Vetorecht der ostdeutschen Länder auf den Weg gebracht hat. Schütts Erkenntnis schließlich, die "Fremdenfreundlichkeit von Intellektuellen" existiere "hier und dort zuvörderst auch wegen des tief verinnerlichten Grimms gegen etwas national Eigenes", markiert die notwendige Abgrenzung von Minderheiten, denen das Verständnis für die Sorgen und Nöte von Dolgenbrodter Brandstiftern oder Zittauer Flüchtlingsjägern fehlt.

Die "Frage, wie Menschen 'beheimatet' werden können - das heißt: Wie man sie ihrer regionalen Besonderheiten und Stärken versichert" (Frank Schumann) kennt nur die eine Antwort, die in der ND-Frage schon enthalten ist: "Die Linke muß national sein."