Kabila ohne Strom

In der Demokratischen Republik Kongo rücken die aufständischen Militärs weiter vor

Es wurde düster in Kinshasa. Ende vergangener Woche fiel in der kongolesischen Hauptstadt der Strom aus, und ebenso die Wasserversorgung. Ein Sprecher der Rebellen, die sich mittlerweile "Kongolesische Bewegung für Demokratie" nennen und seit Anfang des Monats Staatschef Kabila stürzen wollen, gab an, sie hätten das größte Kraftwerk des Landes an den Inga-Fällen eingenommen. Nach rund zwanzig Stunden setzte die Stromversorgung wieder ein. Möglicherweise hatten die Rebellen nicht Inga eingenommen, sondern die Stromleitungen nach Kinshasa sabotiert; vielleicht aber wurde auch ein zweites Kraftwerk in der nahegelegenen Stadt Nzongo dafür genutzt. Die Angaben aus Kabilas Regierungskreisen waren dazu ebenso widersprüchlich wie die von unterschiedlichen Sprechern der Aufständischen.

Auch Kabilas Zukunft scheint nicht mehr hell und leuchtend. Seit der vergangenen Woche ist sein Aufenthaltsort unbekannt. Verschiedene Quellen gaben an, er habe sich in die südlich gelegene Stadt Lubumbashi abgesetzt, sein ehemaliges Hauptquartier im Kampf gegen den im Mai vergangenen Jahres gestürzten Ex-Diktator Mobutu. Andere behaupteten, er sei am Samstag wieder nach Kinshasa zurückgekehrt; eine offizielle Bestätigung gab es jedoch nicht. Dafür aber eine vollmundige Ankündigung der Rebellen: Die Hauptstadt soll bis Ende des Monats eingenommen werden. Und zuvor soll Kinshasa von der äußeren Versorgung abgeschnitten werden.

Am Wochenende tauchten dort die Außenminister von Sambia, Zimbabwe, Tansania und Namibia auf, um sich mit Didier Mumengi, Kongos Informationsminister, und anderen Regierungsmitgliedern zu treffen. Aber es gab kein Anzeichen dafür, daß die Kämpfe zwischen Kabilas Truppen und den Rebellenverbänden gestoppt werden könnten. Mumengi kündigte einen militärischen Gegenschlag gegen die Rebellen im Westen Kongos an. Im Gegenzug polterte Bizima Karama, Kabilas ehemaliger Außenminister und gegenwärtiger Feind: "Wir haben einen Namen, wir haben ein Programm, wir haben Führer"; die Kongolesische Bewegung für Demokratie werde Kabilas Regierung ersetzen.

Der Konflikt hat die kongolesischen Landesgrenzen schon überschritten. Zu den Rebellen gehören Anhänger des Ex-Diktators Mobutu, aber auch einstige Verbündete Kabilas wie die Banyamulenge-Tutsi - die die Mehrheit der kongolesischen Armee stellten, bevor sie sich zur Rebellion entschlossen. Bei den Erlösen aus der Vergabe von Konzessionen an US-Multis durch die Regierung waren sie stets leer ausgegangen. Möglicherweise befinden sich Truppen aus den östlichen Nachbarstaaten Uganda und Ruanda bei den Rebellen, wie von Kabilas Seite behauptet wird; die jeweiligen Regierungen dementieren dies jedoch nach wie vor. Ruanda hat Kabila im Gegenzug wiederholt vorgeworfen, nicht entschlossen genug gegen Hutu-Flüchtlinge im Osten Kongos vorgegangen zu sein. Extremistische Hutu hatten 1994 eine knappe Million Tutsi und gemäßigte Hutu in Ruanda massakriert.

Nach unterschiedlichen Angaben mischt auch die angolanische Unita im Kongo mit - auf Rebellenseite. Sie steht unter dem Befehl des von Frankreich mit Waffen versorgten Warlords Jonas Savimbi, der Diamantenminen im Norden Angolas kontrolliert und gegen die dortige Regierung kämpft. Diese hat sich nach einem Bericht der Washington Post trotz vielfältiger Bemühungen Kabilas jedoch nicht auf dessen Seite positioniert.

Ebensowenig wie Frankreichs gaullistischer Staatspräsident Jacques Chirac. Die französische Wochenzeitung Le Canard Encha"né berichtete in der vergangenen Woche, Chirac habe seit Dezember 1997 von dem Komplott gegen Kabila gewußt und die Namen der Verschwörer und die Orte ihrer ersten Treffen gekannt. Die Absicht der Konspirateure, die Freundschaft des Kongo mit Frankreich zu erneuern, sei auf sein Wohlwollen gestoßen.

Diese Freundschaft und die Geschäftsbeziehungen zu französischen Konzernen hatten etwas gelitten, als der von Frankreich protegierte Ex-Diktator Mobutu von Kabila gestürzt wurde - wovon Firmen aus den USA, Großbritannien, Belgien und Südafrika profitierten. Frankreich hat nun aber bei den Rebellen ein heißes Eisen im Feuer: Arthur N'Zaidi Ngoma. Der wurde, so der Canard, schon 1996 von Jacques Foccart, Chiracs Monsieur Afrique, empfangen.