Soros als Goldfinger

Haltet den Spekulanten!

Der Fondsmanager George Soros mußte in letzter Zeit gleich mehrmals als Sündenbock herhalten: Stanley Fischer, der zweite Mann beim Internationalen Währungsfonds, behauptete, es wäre erst gar nicht zu einer Rubel-Krise gekommen, hätte Soros nicht in einem Leserbrief an die Financial Times die Abwertung der russischen Währung empfohlen.

Zuvor hatte der malaysische Ministerpräsident Mohamad Mahathir den US-Amerikaner beschuldigt, für den Kursverfall der indonesischen Währung verantwortlich zu sein. Und als Großbritannien sich Anfang der neunziger Jahre gezwungen sah, das Pfund abzuwerten, sah man ebenfalls in Soros den Schuldigen.

Was verschafft Soros diesen Ruch der Omnipotenz? Die von ihm verwalteten Fonds verfügen über Gelder in zweistelliger Milliardenhöhe. Das gibt ihm die Möglichkeit, in Ländern mit deutlich überbewerteten Währungen - deren Kurs also durch Stützungskäufe der jeweiligen Zentralbanken hoch gehalten wird - Schulden aufzunehmen und das geliehene Geld anschließend sukzessive in Dollar umzutauschen.

Das Angebot an der jeweiligen Landeswährung wird dadurch größer als die Nachfrage, der Kurs beginnt zu sinken. Anfangs kann die Regierung die Währung noch stützen. Wenn Soros' Fonds jedoch einige Milliarden gewechselt hat, gehen in manchen Fällen den jeweiligen Regierungen, wie z.B. vergangenes Jahr der thailändischen, die Mittel für Gegenkäufe aus. Die Folge: Die Zentralbank ist zur Abwertung gezwungen. Da die Währung nun weniger wert ist, sind auch die Schulden, die Soros' Fonds aufgenommen hat, in Dollar geringer; es bleibt also ein Gewinn.

Das Handeln des Fonds mag in einigen Fällen der Tropfen gewesen sein, der das Faß zum Überlaufen brachte - mehr aber auch nicht. Denn die Strategie wirkt nur dann, wenn die Währung zuvor tatsächlich überbewertet war; andernfalls würde ja, sobald Soros die Schulden zurückzahlt, der Kurs wieder auf das ursprüngliche Niveau steigen.

Die Schuld für die Währungskrisen dem Spekulanten in die Schuhe zu schieben, entbehrt jeder Logik und dient nur dazu, einen alten Sündenbock wiederzubeleben: Die Attacke auf Soros ist strukturell antisemitisch, denn sie trennt das "ehrlich schaffende" vom "parasitären, spekulativen Kapital". Dieses wird dann als "jüdisches" identifiziert und verantwortlich gemacht, wenn der Kapitalismus nicht so funktioniert, wie man es gern hätte. Tatsächlich ist jedoch das eine die Kehrseite des andern, beide trennen zu wollen, ist analytisch falsch und in der Praxis unmöglich.

Soros tut einiges, um sein Image loszuwerden: Der "spekulierende Parasit" spendete Hunderte von Millionen Dollars für Bildung und Wissenschaft in Rußland. 21 Millionen gibt die Moskauer Soros Foundation jährlich für diesen Zweck aus. Wegen der aktuellen Wirtschaftskrise hat die Stiftung angekündigt, ausgewählte russische Wissenschaftler mit einer Soforthilfe von 125 Millionen Dollar zu unterstützen. Weitere 300 bis 500 Millionen hat Soros kürzlich freigegeben, um das Bibliothekswesen zu modernisieren und den russischen Büchermarkt zu beleben.

Doch auch diese Investitionen in die Wissenschaft werden die von dem Bild des bösartigen und weltbeherrschenden jüdischen Spekulanten Überzeugten kaum von ihrer wahnhaften Konstruktion abbringen.