Kino "Fear and Loathing in Las Vegas"

Fischauge

Ein Auftrag, eine Straße, ein Auto, ein Kofferraum voller Drogen. Am Steuer sitzt Dr. Gonzo, neben ihm Raoul Duke. Sie sind auf dem Weg nach Las Vegas. Duke soll einen Bericht über ein Motorradrennen schreiben.

Genau wie Hunter S. Thompson, bei dem Anfang der Siebziger vom Magazin Sports Illustrated ein Auftrag zum alljährlichen Las Vegas-Motorradrennen einging. Sein Bericht wird zehnmal so lang wie bestellt und verstößt gegen alle journalistischen Regeln. Eine Version davon wird später im Rolling Stone abgedruckt. Noch später wird eine weitere Version als Erzählung "Fear and Loathing in Las Vegas" in den Regalen stehen. Das Buch gilt als unverfilmbar. Ein Umstand, der allerdings nur die wenigsten Regisseure abschreckt. Am wenigsten Terry Gilliam. Als Freund des ambitioniert Beknatterten war "Fear and Loathing in Las Vegas" für ihn gewissermaßen ideal. Also: Auftrag, Straße, Drogen.

Der hübsche Johnny Depp hat sich als Duke eine Platte rasieren lassen, trägt eine Zigarettenspitze zwischen den Lippen und stakst in Bermudas durch die Wüste. Benicio del Toro hat sich zur wirklichkeitsnahen Darstellung von Dr. Gonzo eine 20-Kilo-Wampe angefressen, die er stolz wie ein Gockel durch den Film schaukelt. Terry Gilliam hält die Kamera möglichst schief, schließlich wollen Drogenmißbrauch und Sinnestrübungen angemessen in Szene gesetzt werden.

Duke und Gonzo nehmen vor allem Alkohol, Gras, Shit, Speed, Kokain, Äther, LSD und Meskalin. Die jeweiligen Wirkungen schaukeln sich hoch, irgendwann wissen die beiden nicht mehr, was geht. Also stellt sich Paranoia ein, ebenso vorübergehende Schizophrenie. Gilliam versucht dem mit Fischaugenlinsen, bunten Farben und Special Effects beizukommen, während Depp und del Toro torkeln und kotzen. Schön ist das nicht. Und schön soll das auch nicht sein.

Die Geschichte geht im Grunde so: Man nehme ein Las Vegas-typisches Hotelzimmer, das vor allem bunt, sauber und geschmacklos sein sollte (weil: bürgerlich pervers). Dann stecke man die beiden Hallodris (weil: antibürgerlich und pervers) ins Zimmer, werfe ihnen die Tüte Drogen hinterher und verschließe die Tür von außen. Was folgt, ist die sinnentleerte Total-Verwüstung. Möbel werden entbeint, Räume geflutet, Betten flambiert, Klos zugeschissen. Das Szenario wird mit Kriegsbildern aus Vietnam kontrastiert. Wieder bei Bewußtsein, versuchen die beiden, die Zeche zu prellen.

Das führt zu nichts als dem Filmende und nach zwei Stunden zu der Erkenntnis, daß Drogenmißbrauch auch nicht das Himmelreich ist, Abstinenz aber irgendwie auch nicht. Im Abspann fährt Depp dann die Straße Richtung Horizont, den frühen Siebzigern entgegen, im Rücken eine Generation von Ex-, Neo-, Noch- und Posthippies, während aus dem Off eine Stimme von Visionen und gescheiterten Hoffnungen erzählt.

"Fear and Loathing in Las Vegas". USA 1997, R.: Terry Gilliam, D.: Johnny Depp, Benicio Del Toro, Cameron D'az