Mahnmal ausgewechselt

Mit der Verschiebung der Kompetenzen an die Bundesregierung geht die Debatte um das Mahnmal in die entscheidende Runde: Wurden bisher zwischen Gegnern und Befürwortern des Mahnmals die Argumente hin- und hergeschoben, werden neuerdings Alternativen herumgereicht, die wenig mit der ursprünglichen Konzeption des Denkmals für die ermordeten Juden Europas gemein haben. So schlug der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Andreas Nachama, vor, drei Religionsschulen, eine jüdische, eine christliche und eine islamische, zu errichten. Chancenreicher dürfte das Angebot des Regisseurs Steven Spielberg sein, seine Shoah-Stiftung in Berlin anzusiedeln. Bundesverdienstkreuz-Träger Spielberg sowie die Mitarbeiter der Survivors of the Shoah Visual History Foundation haben 47 992 Interviews mit Überlebenden des Holocaust auf Video gebannt.

Während manch ein Befürworter des Mahnmals noch hofft, der Bundestag werde eine positive Entscheidung vorantreiben, hat sich die künftige Bundesregierung nach Informationen des Berliner Tagesspiegel bereits entschieden, das Projekt zu kippen. Nach bisher geheim gehaltenen Plänen werde das Mahnmal nicht gebaut, statt dessen soll die Spielberg-Dokumentation nach Berlin geholt werden.

Wenn Staatsminister Michael Naumann demnächst vor die Presse tritt, um die Spielberg-Dokumentation als zeitgemäßes Äquivalent zum Mahnmal - Video! Computer-Archiv! statt Stelen aus Stein - zu präsentieren, wird eine Lösung vorgestellt, die so neu nicht ist, gab es doch unter den Vorschlägen des Wettbewerbs einige Projekte mit dokumentarischem Charakter. Nicht nur das, auch Spielbergs Sammlung war - worauf die Süddeutsche Zeitung verweist - bereits als einer von vier Vorschlägen in der letzten Endrunde der zweiten Vorentscheidung vertreten.

Jochen Gerz hatte unter dem Titel "Das Ohr" sein Konzept eines Erinnerungsraumes präsentiert, in dem die Arbeiten der Shoah-Foundation gezeigt werden sollten. Allerdings lief der Vorschlag nicht unter dem Namen des populären Spielberg. Auf den Namen allerdings kommt es an, verbindet sich mit ihm doch seit "Schindlers Liste" ein sozialverträgliches Bild des Holocaust.