Lebenslänglich Anklagebank

Eines kann die deutsche Justiz ganz schlecht: Die eigene Machtlosigkeit eingestehen, vor allem wenn es um einen so publictyträchtigen Fall wie den von Monika Böttcher, geschiedene Weimar, geht. In einem ersten Prozeß in Fulda wurde die Frau verurteilt, im August 1986 ihre beiden kleinen Töchter ermordet zu haben, nach dem Revisionsverfahren sprach sie das Landgericht Gießen im April vergangenen Jahres von diesem Vorwurf frei. Nun hob der Bundesgerichtshof den Freispruch auf, so daß vor dem Landgericht Frankfurt ein drittes Verfahren gegen Böttcher ansteht. Das Gießener Urteil, so der 2. BGH-Strafsenat in seiner Entscheidung vom letzten Freitag, sei "in einem zentralen Punkt widersprüchlich" und von unzutreffenden Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung ausgegangen. Es sei weiterhin ungeklärt, ob die Mädchen von ihrer Mutter oder deren damaligem Mann Reinhard Weimar getötet worden seien. Endgültig wird sich diese Frage wohl auch im dritten Weimar-Prozeß nicht klären lassen. Aber da nur einer der beiden Elternteile als Täter in Frage kommt, hieße das ja, daß ein Mörder oder eine Mörderin frei herumläuft. Da hat man sie oder ihn doch lieber beide sicher im Gerichtssaal, auch wenn eine oder einer von ihnen mit großer Sicherheit unschuldig ist.